Buchpräsentation: Michaela Melián – Föhrenwald

 

 

7. Oktober 06

 

19 Uhr
Buchpräsentation: Michaela Melián – Föhrenwald
Elke Buhr (Frankfurter Rundschau) im Gespräch mit der Künstlerin Michaela Melián

in Zusammenarbeit mit pro qm, Berlin und dem Revolver Verlag, Frankfurt am Main
im Rahmen der Ausstellung Michaela Melián – Föhrenwald

Als multimediale Installation aus projizierten Zeichnungen, Sprache und Musik erzählt Michaela Meliáns Föhrenwald die Geschichte der gleichnamigen Siedlung in der Nähe von München: Ende der 1930er Jahre gebaut, diente sie zunächst als Lager für ZwangsarbeiterInnen der benachbarten Munitionsfabriken. Nach Ende des 2. Weltkriegs wurde die Siedlung Auffanglager für heimatlose jüdische Überlebende aus ganz Europa, so genannte „displaced persons". Nach 1956 siedelte man in Föhrenwald schließlich kinderreiche, deutsche heimatvertriebene Familien an, von denen viele noch immer dort wohnen und den Ort so geprägt und mitgestaltet haben, dass er sich heute in nichts mehr von einer normalen Wohnsiedlung unterscheidet.

Reduzierte Zeichnungen der Siedlung, die in ihrem fließenden Übergang einen Spaziergang durch die uniforme Anlage aus Reihen- und Doppelhäusern simulieren, werden in der Installation von minimalistischer Musik und Texten begleitet, denen Gespräche mit ehemaligen BewohnerInnen über den Alltag in der Siedlung zugrunde liegen. In der Komposition bleiben die verschiedensten Geschichten aus den unterschiedlichen Phasen der Siedlung nebeneinander bestehen, so dass eine vielschichtige Lesart möglich wird.

Bei den Nachforschungen in dieser nationalsozialistischen Mustersiedlung, um die bis 1957 noch ein Lagerzaun stand, trägt Michaela Melián die verschiedenen Schichten der wechselvollen deutschen Geschichte nach und nach ab und macht sichtbar, wie diese in die architektonischen Strukturen - auch einer augenscheinlich normalen kleinbürgerlichen Vorstadtidylle - eingeschrieben bleiben.

Das Projekt Föhrenwald entstand als Kooperation von Kunstraum München, BR Hörspiel und Medienkunst unter Förderung der Kulturstiftung des Bundes.

Organisiert von Katharina Fichtner

Zu dem Projekt ist im Revolver Verlag eine 280-seitige Publikation in deutsch und englisch mit Beiträgen von Heike Ander, Michael Hirsch, Nikolaus Hirsch, Ronald Hirte, Jörg Koopmann, Thomas Meinecke, Michaela Melián und Jim G. Tobias erschienen. Der Soundtrack liegt als CD bei.

Elke Buhr (*1971 in Bochum), ist Autorin für verschiedene Radiosender, schreibt für diverse Kunstzeitschriften und ist Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Rundschau. Sie lebt in Berlin.