Heike Baranowsky

 

 

29. September – 18. November 01

 

 

Die KW Institute for Contemporary Art freuen sich, die erste umfassendere Einzelausstellung der in Berlin und Los Angeles lebenden Künstlerin und Eberhard-Roters-Preisträgerin Heike Baranowsky präsentieren zu können. Neben Arbeiten aus der gesamten bisherigen Schaffensperiode der Künstlerin sind vor allem neuere Arbeiten, wie z. B. Der Radfahrer (Hase und Igel) (2000) und parallax (1999) sowie Baranowskys erstmals gezeigte Videoinstallation Mondfahrt 2001 zu sehen.

Baranowskys Arbeiten dehnen, komprimieren, spiegeln und zerlegen Zeitabläufe und Bildräume. Über digitalisierte Verfahren untersucht sie Räumlichkeit durch Perspektivenwechsel und durch Eingriffe in die Erzählgeschwindigkeit ihrer Arbeiten. Ob sich die Kamera an dem gefilmten entlang bewegt, oder die gefilmte Welt an der starren Linse vorbeizieht, kontinuierliche Bewegungsschleifen sensibilisieren den Betrachter für die eigenen Wahrnehmungsmechanismen. So scheint z. B. der frühen Arbeit en face II (1995) eine Kamerafahrt entlang der Fenster einer schier nicht enden wollenden Hochhausfassade zu Grunde zu liegen. Nur die vollkommene Bewegungslosigkeit der abgebildeten Personen enthüllt, daß die Arbeit auf einer Serie von Fotografien beruht. In ihren Arbeiten erzeugt Heike Baranowsky Situationen, die in einem Grenzbereich zwischen Wahrgenommenen, Vorgestellten und Erinnerten liegen.

"Die vierte Dimension von Zeit und Raum steht im Zentrum der Aufmerksamkeit von Heike Baranowsky Videoinstallationen. Ein entscheidendes Merkmal der in den letzten Jahren entstandenen Arbeiten liegt in der zeitlichen Ausdehnung von Rhythmen und Raumdimensionen, wodurch die Wahrnehmung von Zeit und räumlicher Orientierung in Hinblick auf eine körperliche und psychologische Ebene manipuliert wird. In ihren neueren Arbeiten dagegen steht eine Verdichtung dieser Wahrnehmung im Vordergrund. (Die Künstlerin) bewegt sich in ihrer Arbeit an der Schnittstelle zwischen dem wahrgenommenen, erinnerten, geträumten oder imaginierten menschlichen Bewußtsein und der stabilen und meßbaren "Realität." (Heidi Fichtner, KW Magazin 03.01)

Das Videotryptychon Radfahrer (Hase und Igel), 2000, zeigt beispielsweise die gleiche Sequenz von Radfahrern, die auf einer Rennbahn entlang rasen. Durch die Variation der Geschwindigkeit in den einzelnen Projektionen - die Linke ist um 20%, die Mittlere um 10% verlangsamt, während die Rechte die wirkliche Geschwindigkeit wiedergibt - scheint der Radfahrer jedes Ausschnitts jeweils seinen linken Vordermann zu überholen, der wiederum zurückfälllt, während der erste kaum aufholt und seinen Umriß über den folgenden zu legen scheint, bevor er aus dem Bild verschwindet und den Rand der Projektion verläßt. Dieses Vor- und Zurückwandern der Rennfahrer spielt mit den Erwartungen des Betrachters an Raum und Zeit. Wenn sich die Räder beinahe schneiden, nehmen wir diesen Moment des Überholens vorweg, obwohl er im Video selbst nie eintritt.

Baranowskys neue und hier erstmals präsentierte Arbeit Mondfahrt 2001 entstand auf einer nächtlichen Fährenfahrt von Harwich nach Hamburg. Gedreht bei Vollmond mit fixierter Kamera und manipuliert einzig durch das Eingrenzen des Mondes in einen begrenzten Raum, wird der Mond durch die Bewegung des Schiffes auf den Wellen zu einer ballartigen, sich rhythmisch bewegenden Scheibe. Die Flächigkeit der Arbeit wird nicht nur durch das Schwarz/Weiß der Aufnahme, sondern auch das Fehlen jeglicher räumlichen Indizien verstärkt. Da der Mond durch seine Oberflächenstruktur klar erkennbar bleibt, spielt Baranowsky auch hier mit den Erwartungen und Kenntnissen der Betrachter.

Ausgestellte Arbeiten: In sight Out, 1997; Passage III (Bahnhof), 1998; parallax, 1999; Radfahrer (Hase und Igel), 2000; Gras, 2001; Urwald, 2001; Mondfahrt 2001.

Heike Baranowsky (*1966, Augsburg) lebt und arbeitet in Berlin und Los Angeles. Ihre Arbeiten wurden u.a. im Frankfurter Kunstverein (1997), im P.S.1 (New York, 1997), in den Galerien Barbara Weiss Berlin (1998/2000) und Entwistle London (1999) und im SFMOMA (San Francisco, 2001) gezeigt. Die Künstlerin ist Trägerin des Eberhard-Roters Preises (2000) und des Preises der DG Bank (1996). 2000 erhielt sie das Auslandstipendium des Berliner Senats für Kulturelle Angelegenheiten. Bis September 2001 hatte die Künstlerin ihr Atelier in den Kunst-Werken.

Unterstützt von: Berlinische Galerie, BMW Financial Services, Galerie Barbara Weiss Berlin, und der GZK, Gesellschaft für zeitgenössische Kunst e.V., Förderverein der Kunst-Werke.