Mika Rottenberg

 

 

3. September – 12. November 06

 

 

Mika Rottenberg
03.09. - 12.11.2006

Eröffnung: 2. September 2006, 17 – 21 Uhr

Die KW Institute for Contemporary Art präsentieren Mika Rottenbergs Arbeit Dough (2005/06) und hiermit die erste Einzelausstellung der New Yorker Künstlerin in Deutschland.

Arbeit, Identität und Gender, Produktionskreislauf, Wertschöpfung und Warenwerdung des Körpers im postindustriellen, globalisierten Zeitalter sind zentrale Themen in Mika Rottenbergs jüngeren Videoinstallationen. Die Auseinandersetzung mit der Entfremdung der Arbeit, mit veränderten Arbeitsprozessen und Organisationsformen, dem modernen Arbeitsbegriff unter den heutigen paradoxen Bedingungen ist dabei eine ebenso treibende Kraft wie die Beschäftigung mit dem Repräsentationssystem Film, der Konstruktion und Dekonstruktion der Geschlechter, der Lust am Schauen und der Verbindung zu gesellschaftlichen Machtkonstruktionen.

Die Protagonistinnen ihrer Videos findet die Künstlerin über das Internet. Es sind Frauen, die im herkömmlichen Repräsentationssystem Film keine Rolle spielen, die jedoch bedingt durch ihre physische Konstitution und körperliche Veranlagungen über außergewöhnliche und besondere Fähigkeiten für Produktionsabläufe verfügen, die die Künstlerin in ihren Videos entsprechend einsetzt.

Die Videoarbeit Dough zeigt das Zusammenspiel unterschiedlicher weiblicher Arbeitskräfte, die gekleidet in beige Uniformen, übereinander eingeengt in klaustrophobischen, aus Holz zusammengebauten Arbeitsräumen sitzen und mit Hilfe einer unnötig kompliziert wirkenden Maschinerie ohne Unterlass Teig produzieren. Der Teig dringt als unförmige Masse durch ein Loch in der Decke und wird den in den unteren Stockwerken arbeitenden Frauen von der korpulenten Arbeiterin auf der obersten Ebene mit den Worten „I see it“ angekündigt, womit zugleich die Produktion ihren grotesken Kreislauf nimmt. Die Frauen werden durch ihre unterschiedlichen physischen Eigenheiten und unter Einbeziehung diverser Körperfunktionen unmittelbarer Teil davon. Mit entsprechendem Körpereinsatz geknetet, zur Rolle geformt und durch ein Loch im Boden in die darunter liegende Etage geführt, wird der Teig von der nächsten Arbeiterin, die für die Pflege eines für die weitere Verarbeitung des Teiges relevanten Blumenbeetes verantwortlich ist, weitergeformt und in die nächst tiefere Etage geleitet, um von der dritten Arbeiterin auf einem Fließband platziert zu werden. Anschließend werden kleinere Teigsegmente gebildet und ausgeworfen, während die Arbeiterin der obersten Ebene gewissenhaft an einem Strauß der Beetblumen schnuppert. Unterstützt von einem durch den Körpereinsatz einer anderen Arbeiterin in Gang gesetztes Windrad entwickelt sie eine allergische Reaktion auf die Blumen und produziert Tränen, die an ihrem Bein herunter laufen und über den großen Zeh durch ein Loch auf eine heiße Kachel im unteren Stockwerke fallen und dort zischend verdampfen. Durch die Wärmeentwicklung und die zusätzliche Luftzuführung einer Arbeiterin geht der Teig auf und wird sodann in kleine Pakete vakuumverpackt ausgeworfen – der Kreislauf beginnt von neuem.

Mika Rottenberg verschmilzt in ihrer Installation Video- und Realraum und befindet sich in konstantem Dialog mit unterschiedlichen bildhauerischen Traditionen. Die BetrachterInnen durchlaufen die schäbig anmutende Konstruktion, wie sie im Film zu sehen ist und treffen in ihr auf reale Objekte des absurden Produktionslaufes. Es wird eine klaustrophobisch erfahrbare Situation geschaffen, die wie das Zentrum eines unheimlichen, aber doch schrecklich vertrauten Universums wirkt.

Mit freundlicher Unterstützung der Sammlung Julia Stoschek, Düsseldorf.