Taryn Simon
The Innocents

 

 

27. September 03 – 3. Januar 04

 

 

Vom 27. September 2003 bis 3. Januar 2004 präsentieren die KW Institute for Contemporary Art das Projekt The Innocents und weitere junge Arbeiten der 28-jährigen amerikanischen Künstlerin Taryn Simon. Simon arbeitet mit den Mitteln der Fotografie und der filmischen Reportage. Die in den KW präsentierten Arbeiten thematisieren das US-amerikanische Rechtssystem und dokumentieren in einer Art "Innenansicht" den Regierungspalast von Fidel Castro oder eine Serie tschetschenischer Rebellen.

Das Projekt The Innocents beschreibt Lebensläufe von Bürgern der Vereinigten Staaten, die unschuldig für Schwerverbrechen verurteilt und nur aufgrund der erst seit kurzem in den USA erlaubten rechtlichen Verwendung von DNA-Proben als Beweismittel freigesprochen wurden. Da die Hauptursache der Fehlurteile eine falsche, meist auf fotografischem Beweismaterial und Gegenüberstellung beruhende Identifikation der Betroffenen war und das fälschliche Urteil in einem Geschworenenprozess gefällt wurde, stellt Taryn Simon mit ihrem Projekt das nordamerikanische Rechtssystem und seine Werkzeuge in Frage.

Im Jahr 2000 wurde Taryn Simon von dem New York Times Magazine beauftragt, Personen zu fotografieren, die unschuldigerweise verurteilt worden waren. Dieses Projekt hat sie dazu inspiriert ähnliche Fälle zu untersuchen und die Geschichten dieser Menschen in Interviews und Fotos festzuhalten. Simon fotografierte an Orten, die eine besondere Relevanz für ihre Verurteilung hatten: der Ort der fälschlichen Identifikation, der Ort der Verhaftung, der Ort des Verbrechens oder der Ort ihres Alibis. All diese Orte haben eine widersprüchliche Bedeutung für die Verurteilten: der Ort der Verhaftung wird zum Anfang einer auf Fiktion basierenden Realität; der Ort des Verbrechens, an dem sie nie zuvor waren, veränderte ihr Leben für immer.

In dem Projekt The Innocents konfrontiert Simon die Möglichkeit der Fotografie, Realität und Fiktion verschwimmen zu lassen. Ihre Arbeiten sind derart durchkomponiert, konstruiert und ausgeleuchet, so dass diese eigentlichen Dokumentationen wie künstlich und unecht wirken. Taryn Simon geht bei ihrer Arbeit mit der Strategie vor, sich den jeweiligen Handlungsort sowohl künstlerisch als auch journalistisch korrekt zu erschliessen und eine Art zeitweilige Nähe, sei es zu der Gruppe tschetschenischer Rebellen zu dokumentieren oder eben, wie in der weiteren in den KW zu sehenden Arbeit, eine Art Innenansicht des Präsidentenpalastes von Fidel Castro zu bieten.

Die Fotografien über die tschetschenischen Rebellen sind zusammen mit dem Fotograf Alexei Hay entstanden. Diese Serie dokumentiert verletzte Soldaten in Aserbaijan, Georgien und dem südlichen Kaukasus und präsentiert Geschichten, die lange Zeit von den russischen Medien vor der Öffentlichkeit geheimgehalten wurden. Die Fotografien verbinden einen ernsthaften journalistischen Ansatz mit den Mitteln der Großbild Fotografie und künstlerischen Lichtsetzung.

In einer Dia Show präsentiert Simon die Innenansicht des Regierungspalastes Fidel Castros und bietet damit Sicht auf die verbotenen Seiten von Kuba und dessen Führer. Diese Serie wird auf Dias präsentiert um eine Reproduktion zu verhindern.

Eine Fotografie eines Gefängnisinsassen, der die Todesstrafe erwartet, zeigt die bedrückende Architektur exzessiven Sicherheitsdenkens.

Im Gegensatz zu Künstlern, deren Arbeiten Fiktionen sind, die aber formal wie Dokumentation erscheinen sollen, gelingt es ihr wirklich Dokumentationen zu schaffen, die gleichzeitig sehr "unecht" und konstruiert wirken. In diesem Zwischenraum von Fiktion und Dokument finden ihre Arbeiten ebenso Platz im Magazin der New York Times, wie im Ausstellungsraum.

Die Realisierung des Projektes The Innocents wurde von der Simon Guggenheim Foundation Fellowship in Photography unterstützt. Taryn Simon wurde 1975 in New York geboren. Ihre Fotografien wurden international ausgestellt und in unterschiedlichen Publikationen veröffentlicht.

Die Ausstellung Taryn Simon:The Innocents wurde ursprünglich von Klaus Biesenbach, Chief Curator P.S.1MoMA, New York, und Künstlerischer Leiter der KW Institute for Contemporary Art, Berlin, und Amy Smith-Stewart für das P.S.1MoMA kuratiert und für die KW erweitert. Begleitend zu dem Projekt ist ein Buch in englischer Sprache von Umbrage Editions mit dem Titel The Innocents erschienen. Das Buch beinhaltet Fotografien und Interviews von Taryn Simon auf 100 Seiten und wird für 35 Euro in den KW erhältlich sein.

Die Ausstellung wurde ermöglicht durch James Family Foundation, American Center Foundation und Ava Olivia Knoll Fund.

Die Präsentation der Ausstellung in Berlin wird unterstützt durch den Freundeskreis der Kunst-Werke Berlin, Gesellschaft für zeitgenössische Kunst e.V.

Spezieller Dank an: Althea Wasow, Sarah Baden, Louis Gabriel und Kevin Hooyman, Joseph Logan, Kari Mulholland, Adorama, Color Edge, Art and Commerce, und Gagosian Gallery.