ARCH+ 211/212: Think Global, Build Social!
Wie hat sich die Arbeit von Architekten in außereuropäischen Ländern seit dem Ende der Kolonialzeit verändert und welche soziale Verantwortung tragen sie? Welche Bedeutung hat es, wenn sie in jüngster Zeit vermehrt als Initiatoren partizipativer Projekte auftreten und dabei auf tradierte Konstruktionen und lokale Materialien zurückgreifen? Diese und andere Fragen wird Anh-Linh Ngo anhand der jüngsten Ausgabe von ARCH+ mit dem Berliner Architekten Eike Roswag diskutieren.
Die kritische Auseinandersetzung mit der eurozentrischen Perspektive der Moderne war anfänglich interessanterweise von den Exilerfahrungen deutschsprachiger moderner Architekten nach 1933 geprägt. Zu nennen wäre beispielsweise Bruno Taut, der in seinem Buch Das Japanische Haus und sein Leben (1937) die japanische Architektur aus den klimatischen Bedingungen und, was noch wichtiger ist, aus dem Gebrauch heraus zu erklären suchte. Zu nennen wären aber auch die Überlegungen zur Tropical Architecture von Otto Königsberger, ebenfalls ein Exilant, dessen Blick auf die moderne Architektur durch seine Erfahrungen in Nordafrika und Indien erweitert wurde. Mit Beginn des postkolonialen Diskurses in den 1950er Jahren wurde mit dem Topos des „vernakulären Bauens" der universalistische Anspruch der Moderne in Frage gestellt, wozu insbesondere die Arbeiten des Ägypters Hassan Fathy beigetragen haben. Ab Mitte der 1960er Jahre folgte mit den Untersuchungen Bernard Rudofskys zur Architecture Without Architects und John Turners Housing By People das Paradigma des „informellen Bauens".