Christoph Keller
Encyclopaedia Cinematographica

 

 

7. Juli – 4. Oktober 01

 

 

Im Kontext der Ausstellungsreihe Bildarchive zeigen die KW Institute for Contemporary Art in der Ausstellungshalle die neue Arbeit des Berliner Künstlers Christoph Keller, Encyclopaedia Cinematographica.

Christoph Keller beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit Archiven. Gegenstand dieser Arbeiten waren u.a. das Archiv der medizinischen Filme der Charité Berlin (retrograd - eine Geschichte der medizinischen Filme der Charité Berlin), das Bundesfilmarchiv und das wissenschaftliche Filmarchiv Encyclopaedia Cinematographica (EC). Die Perspektive, die Christoph Keller gegenüber den Archiven einnimmt, grenzt sich zum einen von deren wissenschaftlicher Konzeption ab, nimmt diese aber an anderer Stelle wieder auf. Das wissenschaftliche Vorgehen ist dem Archivieren als Vorgang eng verbunden: Was archivierbar ist, ist erfassbar, verfüg- und untersuchbar ¾ die Welt findet sich wieder im Archiv und wird im Archiv reproduziert. Das Archiv selbst als Weltbeschreibung geht allerdings über die Summe seiner Einzelteile hinaus und eröffnet den Blick für die Dinge, die sich der Systematisierung und Reproduktion entziehen. Die von Christoph Keller bearbeiteten Archive bieten sich einer archäologischen Perspektive an und werden so selbst als Objekte und Monumente betrachtbar. Die Dokumente, die in ein Archiv einfliessen, dienen einer Prototypisierung und Archetypisierung, die eng mit der technologischen Komponente des verwendeten Mediums verknüpft ist. Der Film als Leitmedium des 20.Jahrhunderts machte dementsprechend ein weiteres Gebiet für die Archivierung und somit für die Wissenschaft erschließbar: Die bewegte Welt, mithin also Natur und Leben. Bewegung wird durch den Kinematograph erfassbar, präparierbar, sezierbar und speicherbar.

Das internationale wissenschaftliche Filmprojekt Encyclopaedia Cinematographica wurde in den fünfziger Jahren am Institut für wissenschaftlichen Film in Göttingen (IWF) u.a. von Gotthard Wolf und von dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz initiiert und umfasst mehrere tausend, meist zweiminütige Filme, die ursprünglich, angeordnet in einer Art Matrix, die gesamte bewegte Welt erfassen sollten. Die belebte Welt wird nach Arten und Gattungen und deren spezifischem Bewegungsspektrum gegliedert und systematisch erfasst. Film wird hier auf seine Essenz reduziert: Die Darstellung von Bewegung.

Christoph Keller spitzt in seiner Arbeit den Gedanken der Encyclopaedia Cinematographica zu. Er bearbeitet eine Auswahl von filmischen „Einträgen" der EC, isoliert daraus die kleinste mögliche Bewegungseinheit und reiht die so entstehenden Bewegungszyklen zu 40 Loops aneinander. Die sich endlos fortbewegenden Tiere werden parallel auf 40 Monitoren in der Ausstellungshalle als begehbarer Archivraum präsentiert. Die Arbeit spielt mit dem Gedankendes Archivs als Museum.

In Ergänzung zeigen die Kunst-Werke zwei weitere Arbeiten Christoph Kellers im Kontext seiner Beschäftigung mit Archiven, den Film retrograd - eine Geschichte der medizinischen Filme der Charité Berlin und die Text/Bild-Arbeit Archives As Objects As Monuments.