Fridge Peripheries, 2022, Silber-Gelatine-Faserdruck, 25 x 20 cm © Win McCarthy
Win McCarthy
Innenportrait
Mit Innenportrait präsentieren die KW Institute for Contemporary Art die erste institutionelle Einzelausstellung von Win McCarthy (* 1986, USA). In seiner Praxis erforscht der Künstler das subjektive Verstehen seiner Umgebung durch Erkundungen der gebauten Umwelt. Seine Werke sind häufig von privaten und bekenntnishaften Ephemera bevölkert und hinterfragen gängige Vorstellungen von Intimität. McCarthy arbeitet mit verschiedenen Methoden und Medien, die den physiologischen Akt des Sehens und alltäglichen Erlebens durch Formen von Selbstdarstellung filtern. So macht er das Gefühl von Leere und Entfremdung in einer farblosen und von Vereinzelung geprägten Metropole erfahrbar.
Die Ausstellung zeigt ausschließlich neue Arbeiten, in denen Optik und Intellekt kollidieren und Vorstellungen rund um Verkörperung, Wahrnehmung und Erinnerung wachgerufen werden. Aus Brillen zusammengesetzte Skulpturen bevölkern die Räume. Sie sind die körperlosen Prothesen eines kollektiven Sehens, das nach Klarheit strebt. Ihnen gegenüber steht eine Serie von Fotogrammen, die sowohl persönliche als auch universelle Szenen zeigt: häusliche Innenräume, Stadtansichten, einen Hund, die Geburt eines Kindes. Alle wurden von Hand oder durch Collage subtil verformt, um Ideen von Gemeinsamkeit und Individualität aufzurufen.
Schließlich sind mehrere einfache, provisorische Skulpturen vor einer Reihe von Fotolampen installiert. Diese Arbeiten nehmen ihre eigene Dokumentation vorweg und postulieren die Vorherrschaft der Fotografie. Durch das Sichtbarmachen der Fotoausrüstung wirft McCarthy Fragen danach auf, wie die Kunst und das Leben selbst beobachtet, dokumentiert und verbreitet werden. So wird unsere sich stetig verändernde, immer schon indirekte Beziehung zum Gegenstand greifbar.
Während Subjektivität im Zentrum von McCarthys früherem Werk stand, beschäftigt sich diese neue Werkreihe mit der zeitgenössischen subjektiven Erfahrung im Durcheinander. Sehen, Verstehen und Dokumentieren gehen ineinander über.
Die Ausstellung wird von McCarthys erster Publikation Common Ruin begleitet, die eine Sammlung persönlicher Texte zu seiner Arbeit enthält. Sie wird gemeinsam mit dem Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König herausgegeben.
Kurator: Krist Gruijthuijsen
Assistenzkurator: Léon Kruijswijk
Kuratorische Assistenz: Linda Franken
KW Studio mit Win McCarthy und Léon Kruijswijk. Produktion: LOCOLOR , Realisation & Producer: Gregor Kuhlmann Kamera: Vincent Schaack, Jacqueline Olive D’Souza-Toulson, Editing & Color Grading: Lia Valero.
Kuratorische Einführung
Bei näherer Betrachtung war auf dem Foto überhaupt kein Rand zu erkennen. Stattdessen ein sich ständig erweiterndes, die gesamte Fläche einnehmendes Feld. Es setzte sich einfach fort. Je länger man hinsah, desto mehr war auszumachen. Das Panorama war so gewaltig, so vollständig, dass alles abgebildet zu sein schien. Der Fokus war unendlich. Peripherie und Zentrum waren eins. Nichts wurde hervorgehoben, da war nur Ruhe, und dazu: widerhallender Einklang. Es gab keine Schärfentiefe, nur simultane Auflösung. Jede Farbe war gleichzeitig eine andere, verschieden und doch austauschbar. Und alle Beziehungsmöglichkeiten existierten nebeneinander: Groß war auch klein.
Biografie
Win McCarthy (* 1986, USA) lebt und arbeitet in Brooklyn, NY. Seine Arbeit umfasst Installation, Fotografie und Skulptur und wird oft von einem umfangreichen Schreibprozess begleitet. McCarthy hatte Einzelausstellungen in der Galerie Neu, Berlin (2021), bei Atlantis, Marseille, und Svetlana, New York (beide 2019); in der Galerie Fons Welters, Amsterdam (2018); bei Silberkuppe, Berlin (2017), und Off Vendome, Düsseldorf (2013). Darüber hinaus nahm er an einer Reihe von Gruppenausstellungen teil, darunter an I think I Look More like the Chrysler Building, Vleeshal Zentrum für zeitgenössische Kunst, Middelburg (2021); Haunted Haus, Swiss Institute, New York (2020); Trouble in Paradise. Collection Rattan Chadha, Kunsthal Rotterdam (2019); Mirror Cells, Whitney Museum of American Art, New York (2016); Takashi Murakamis Superflat, Yokohama Museum of Art (2016), und Puddle, pothole, porthole, SculptureCenter, New York (2014).
Win McCarthy, Press Portrait, 2023, 35mm photograph © Win McCarthy.
Win McCarthy, Press Portrait, 2023, 35mm photograph © Win McCarthy.