Dinos & Jake Chapman
What the Hell I - IX

 

 

16. Juli – 12. November 00

 

 

Am 15. Juli von 16 - 21 h eröffnen die KW Institute for Contemporary Art in der Ausstellungshalle den ersten Teil eines neuen Werkabschnittes der britischen Künstler Dinos & Jake Chapman: die Fotoserie What the Hell I - IX. Im 3. OG zeigen die KW außerdem Dinos & Jake Chapmans Radierungen Disasters of War neben ihrem großen Vorbild, einem Originalzyklus der Desastres de la Guerra von Francisco de Goya.

Seit nunmehr drei Jahren arbeiten Dinos & Jake Chapman an einem neuen Werkabschnitt, der Skulptur, Film und fotografische Arbeiten umfaßt. Die Kunst-Werke präsentieren den ersten Teil dieses Werkes: die Fotoserie What the Hell I - IX, die aus neun monumentalen Fotografien besteht, die Kriegsszenarien in extremer Deutlichkeit abbilden. What the Hell basiert auf dem Kernstück des neuen Werkkomplexes, der 8,5 m² großen Skulptur Hell. Die Skulptur, die im Herbst erstmalig in der Londoner Royal Academy im Rahmen der Ausstellung Apocalypse vorgestellt wird, ist ein schockierendes Abbild der schlimmsten Kapitel der Geschichte: auf einem invertierten Hakenkreuz haben die Chapman Brüder über 5000 handgeformte und handbemalte spielzeuggroße Figurinen zu einem unfaßbaren Inferno inszeniert.

Bei einer der größten Erschießungen im zweiten Weltkrieg wurden über 18.000 Soldaten der russischen Armee an einem einzigen Tag niedergemetzelt. In einer Zeit vor jeder Möglichkeit der Genmanipulation sehen die Chapman Brüder die Nazis aber auch als die eigentlichen Initiatoren der Eugenik, deren Ziel es war, einen perfekten Menschen zu züchten. Diese gezüchteten Übermenschen sind es nun, die die Nazis in der Arbeit der Chapmans angreifen. Die Nazis rücken somit als zu Bestrafende in den Mittelpunkt, was die Grenze zwischen Tätern und Opfern irritierend verschwimmen läßt - die Opfer werden zu ähnlichen Bestien wie ihre Peiniger.

Im Gegensatz zu der fast unüberschaubaren Komplexität der Skulptur schockieren die in Zusammenarbeit mit den KW produzierten Fotoarbeiten durch die erbarmungslose, monumentale Deutlichkeit mit der die Grausamkeiten und Faszinationen des Möglichen dargestellt werden. Hell und die im Umfeld der Skulptur entstandenen Arbeiten zeigen die Hölle auf Erden, die des alltäglichen Lebens, nicht die nach dem Tod. Nicht zuletzt wegen der bemerkenswerten technischen Realisation, vor allem aber wegen der Vehemenz und Qualität der plastischen Ausdrucksweise, die an die phantastischen Dimensionen eines Hironymus Bosch erinnern, betonte Max Wigram, Kurator der Londoner Royal Academy, schon jetzt gegenüber dem Sunday Telegraph, daß Hell zu den wichtigsten skulpturalen Arbeiten unserer Zeit zählen wird. Sie unterstreicht vor allem eines, nämlich daß sich das wirkliche Ausmaß der Grausamkeit und der Schrecken des Krieges letztendlich jeder bildlichen Darstellung entzieht.

Die Fotoserie What the Hell wurde von dem renommierten Fotografen Norbert Schöner aufgenommen.
- b.w. -

Ergänzend zu der Fotoserie zeigen die Kunst-Werke im 3. OG Dinos & Jake Chapmans Radierungen Disasters of War von 1999. Die Faszination der Brüder mit dem Werk Goyas und vor allem mit seinem gleichnamigen, zwischen 1810 und 1816 entstandenen Zyklus währt seit langem. Nicht nur die Disasters of War der Chapmans, sondern auch viele ihrer skulpturalen Arbeiten, wie z.B. The Great Deed against the Dead von 1998, gehen direkt auf Goyas berühmte Radierungen zurück. Um so mehr danken die KW der Sammlung Olbricht, deren großzügige Leihgabe einer Auflage der Desastres de la Guerra von Francisco de Goya es ermöglicht, beide Zyklen nebeneinander zu präsentieren.

Goyas aus 85 Radierungen bestehender Zyklus entstand unter dem direkten Einfluß von Napoleons Besetzung Spaniens und zeigte erstmals eine ungeschminkte Darstellung des Krieges. Während Goya viele der Szenen miterlebte, gehen die Radierungen der Chapman Brüder zum Teil direkt auf Goya zurück. Zum Teil sind es Realisierungen von Bildern, die nach Meinung der Chapman Brüder in unser aller Vorstellung, wenn auch vielleicht nur vage, vorhanden sind und Erinnerungen oder Assoziationen unterschiedlichster Gedanken entspringen. Andere Chapman Blätter, wie z. B. Die Grube des Todes, nehmen Szenen der Skulptur Hell vorweg und verdeutlichen somit, wie wichtig Goyas Werk für Dinos und Jake Chapmans Schaffen ist.
Dinos (*1962) und Jake (*1966) Chapman gehören zu den erfolgreichsten Künstlern der sogenannten Young British Artists (YBAs). Die seit 1992 als Team zusammenarbeitenden Brüder nahmen an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, u.a. an der skandalumwitterten Ausstellung Sensation, die zwischen 1997 und 1999 in London, Berlin und New York gezeigt wurde.

Die Dinos und Jake Chapman Ausstellung ist Teil der Ausstellungsreihe Medienrealitäten, die Dank der großzügigen Unterstützung der DG BANK ermöglicht wird. Die Kunst-Werke danken im weiteren der Sammlung Olbricht, Essen, für die Leihgabe der Desastres de la Guerra von Francisco de Goya sowie Stephan Landwehr für die Rahmung der Chapman Fotografien.