F.R.DAVID
“What I mean is—”

 

23. September 18, 16 Uhr

In englischer Sprache

1. Stock im Vorderhaus der KW

 

Launch der 16. Ausgabe des Journals F.R.DAVID mit Einführung des Herausgebers Will Holder und Vorführung des Films GLORIA von Juliana Canal Paternina

 

<p>F.R.DAVID, Cover der Ausgabe 16, 2018, Courtesy der Künstler</p>

F.R.DAVID, Cover der Ausgabe 16, 2018, Courtesy der Künstler

 

F.R.DAVID beschäftigt sich mit der Organisation von Lesen und Schreiben im Kontext zeitgenössischer Kunst. […] Für gewöhnlich gestalten TypografInnen, indem sie Wörter anderer verwenden. Oftmals müssen sie eine Situation als gegeben hinnehmen, die sie darauf beschränkt, lediglich geringfügige Änderungen am vorliegenden Text vorzunehmen – selbst dann, wenn eine syntaktische Neuformulierung zum besseren Verständnis des Textes beitragen würde. […] Es soll hier jedoch nicht darum gehen, über die Geschichte der Typografie oder unterschiedliche Stile zu dozieren. Vielmehr sollen Erfahrungen angeboten werden, die auf Sprache basieren – einer Sprache, die sinnliche / kognitive Vorstellungen oder Ereignisse auszudrücken vermag. Sprache soll visuell vermittelt werden, um ihren sinnlichen Bedeutungsgehalt hervorzuheben und zu betonen, dass es sich bei Sprache um eine Erfindung oder eine systematische Struktur handelt. […] Ich bin das Roboterkind, das mit digitalen Augen durch die Windschutzscheibe auf die vorprogrammierte Welt blickt […] Material oder anders gesagt, ungeformte oder gestaltlose Materie ist ein Feld, in dem unabhängiges Experimentieren weniger von Autoritäten reguliert wird, als das in vielen anderen Bereichen der Fall ist […]     

 

15 – Die gestische Intelligenz des Handwerks ist nur dann in der Lage, das Potential eines Stoffes zu erkennen, wenn es sich die Besonderheiten der Tradition aneignet und sie besetzt. Diese Tradition ist sich darüber bewusst, dass FREUDE FORMALE INTELLIGENZ IST. DIE TRADITION DES KUNSTHANDWERKS IST FREUDE […] Die Mittel zum Schaffen expressiver Kunst waren nie erschwinglicher, die Produktivität der einzelnen, expressiven KünstlerIn nie höher. Nie war es einfacher, eine hohe Dichte an Oberflächeneffekten in zeitgenössischen Kunstwerken zu erzeugen. […] Der springende Punkt ist nicht so sehr das, was wir uns wünschen, als vielmehr das, was wir uns wünschen zu wünschen – oder was uns am Wünschen hält […] Plastik, wundersames Plastik! Ideal für die umtriebige junge Frau, pflegeleicht, kaum der Rede wert, einfach Plastik. Ob bei der übereilten Flucht aus einem unglücklichen Haushalt oder beim Rennen ums eigene Leben in einer dunklen Gasse – Plastik leistet dir Beistand. […] Eine Kombination aus Wahrheit und Schätzung oder einfach eine unterhaltsame Geschichte. Es verrottet nicht / gewachsen aus Mitteln des Leckens […] Meiner Arbeit liegen keine anderen ästhetischen Werte zugrunde als die der Kommunikation. Guter Geschmack ist meiner Meinung nach vollkommen unwichtig. Kunst kann und sollte dazu genutzt werden, die soziale Mobilität zu stimulieren. Vor meinem geistigen Auge sehe ich die Formation einer totalen Gesellschaft, in der alle BürgerInnen blaues Blut haben werden. […] An mir selbst nehme ich wahr, dass ich eher bereit wäre, einen viel weiteren Weg zurückzulegen, um durch eine offene Tür zu gehen, als mir die Mühe zu machen, eine Tür zu öffnen. […] Vielleicht brauchen wir jetzt mehr statt weniger Dekoration – aber solche, die wir selbst gestaltet haben, als homöopathisches Gegenstück zum allgegenwärtigen Dekor, das sich Information nennt.  

 

[…] Ein ‘Gedicht’ könnte verstanden werden als / Schreiben, das dafür bestimmt ist zu absorbieren oder aufzublähen / mit proaktiven – statt – reaktiven Lesarten. […] Ich denke, für die Liberalen in diesem Land muss es extrem frustrierend gewesen sein, als es der Rechten vor einigen Jahren gelungen ist, den Begriff Werte nach ihren eigenen Vorstellungen zu definieren […] Material oder anders gesagt ungeformte oder gestaltlose Materie ist ein Feld, in dem unabhängiges Experimentieren weniger von Autoritäten reguliert wird als in vielen anderen Bereichen […] Du könntest dich in heiligen Ernst hüllen, als hättest du den Gipfel erreicht, doch schwups, ziehst du dich zurück, als hieltest du ein Spielzeugschloss in Händen – und gehst sogar noch hinein. Und wieder ist es real. Hülle dich in heiligen Ernst in deinem kleinen Schloss. All dies vermagst du mit deiner Stimme zu tun. […] Dies ist ein schönes Beispiel dafür, Ideen und Werte auf den Punkt zu bringen und anschließend das passende Regelwerk festzulegen, um diese Einsichten mit dessen Durchsetzung zu untermauern. […]

 

Die Ideen berücksichtigen SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und VerwalterInnen (die möglicherweise in Systemen arbeiten, die solche Rücksicht nicht unbedingt begünstigen). […] Es ist [natürlich] der Wille, bestimmte Dinge auszusprechen, der auch die Mittel heiligt, diese Dinge auszusprechen […]. Jedenfalls haben wir herausgefunden, dass sich das Erkennen eines Themas und das Auswählen bestimmter Worte für unsere Grafik natürlich als wertvoller erweist, […]. Es war einem nicht erlaubt, einen Bären einen Bären zu nennen, nachdem er sich in seiner Höhle mitten im Winter umgedreht hatte, aus Furcht, dass er sich, nachdem er seinen Namen vernommen hatte, erheben und Vieh und JägerInnen angreifen könnte. […]

 

15 – Die gestische Intelligenz des Handwerks ist nur dann in der Lage, das Potential eines Stoffes zu erkennen, wenn es sich die Besonderheiten der Tradition aneignet und sie besetzt. Diese Tradition ist sich darüber bewusst, dass FREUDE FORMALE INTELLIGENZ IST. DIE TRADITION DES KUNSTHANDWERKS IST FREUDE […] polyvalent […] archetypisch […] Ich werde Handlungsmacht darüberhaben, was ich als Wahrheit festlege […] Words, don’t come easy (Es fällt mir schwer zu sprechen). [… Dieses] Beziehungsgeflecht, das die Arbeiten [Der Dame] charakterisiert, ob es nun poetisch, fiktiv, theoretisch oder eine Kombination der drei ist, [erzeugt] einen Zwischenraum, in dem ein alternatives Narrativ der Moderne gedeihen kann. […] 24 – Das Handwerk lehrt uns, dass ein Stil niemals vollendet ist. Die Gegenwart, ausgeborgt oder ererbt, als unser stoffliches Projekt ist niemals abgeschlossen. Es gibt immer etwas zu tun. […] Die rein grafische Markierung des Bindestrichs trennt den Signifikanten vom Signifikat und wird zur ultimativen Verkörperung des Palimpsest, in der das Zeichen und seine Auslöschung miteinander verschmelzen: Dass Bedeutung zugleich gelöscht und der Seite aufgedruckt wird, impliziert nicht ohne Zögern, dass es sich bei dem Inhalt dessen, „was ich meine“, um die Abwesenheit oder den Mangel an Bedeutung handelt.
 
F.R.DAVID ist ein typographisches Journal, das sich mit der Organisation von Lesen und Schreiben in den Praktiken zeitgenössischer Kunst auseinandersetzt. Die Publikation ist ein Ergebnis des Projektes Prospectus: A Year with Will Holder und wird seit 2007 mitherausgegeben von uh books und den KW Institute for Contemporary Art.