Ghada Amer

 

 

30. September – 28. November 00

 

Eröffnung: 30.09.2000, 17 - 21 h

Aus der Ferne betrachtet wirken Ghada Amers Bilder wie abstrakte Netzwerke aus feinen Fäden, gestickt auf einfarbigen oder in leuchtenden Farben gemalten Hintergründen. Erst beim Näherkommen erkennt der Betrachter, daß sich hinter den wie zufällig dahin geworfen wirkenden Fäden und Farben eine Wiederholung expliziter Motive verbirgt: Frauen im Akt der Selbstbefriedigung oder sich gegenseitig streichelnd - Motive ungehemmter Sexualität und Sinnlichkeit.

Amer geht von dem visuellen Impakt des Amerikanischen Expressionismus aus und untergräbt die Maskulinität dieses Stiles inhaltlich wie formal. Zum einen verbindet sie die "hohe" Kunst der Moderne mit der "niederen" der Softpornos und junk culture. Zum anderen stellt sie der kraftvollen Geste der „action"-Malerei die stille Tradition weiblicher Stickerei gegenüber.

Die subtile Spannung, die Amers Kunst prägt, zeugt nicht nur von ihrer Auseinandersetzung mit der Kunst und der Stellung des Mannes in der westlichen Welt. Amers Arbeiten nehmen unweigerlich auch Bezug auf ihre islamische Herkunft. Ihr subversiver Umgang mit der New Yorker Schule spiegelt ihre Auseinandersetzung mit dem Islam und besonders mit der Stellung und den wenigen Ausdrucksmöglickeiten der islamischen Frauen. Das Netz der herunterhängenden Fäden erinnert nicht nur an die islamische Kalligraphie, die ihre Entwicklung dem Verbot der figürlichen Darstellung verdankt, sondern auch an den Schleier, den viele islamische Frauen nach wie vor tragen.

Mit ihrem tiefen Respekt für ihre eigenen Kultur und für die europäische und amerikanische, die ihr wohl vertraut sind, geht es Ghada Amer nicht um sensationelle Effekte oder kruden Feminismus. Wie Joy Garnett in bezug auf Amers neueste Arbeiten betont „verbeugt sich Ghada Amers Kunst mit ihrem Mythos von weiblicher Tugend weder vor den puritanischen Seiten unserer Kultur noch vor etwas, was „institutionalisierter Feminismus" genannt werden kann. Der Tanz von wiederkehrenden Stereotypen, von Begierde und Tugend, Lust und Verweigerung, Blöße und verschleierter Verborgenheit, wird aus den Oberflächen der Bilder herausgekitzelt und in seiner Komplexität ungelöst gelassen." (artnet.com Magazine April 2000).

Ghada Amer wurde 1963 in Kairo geboren und verbrachte einen Großteil ihrer Jugend in Libyen, Marocco, Algerien und Frankreich. Sie studierte Kunst in Nizza und Paris. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen, u.a. in der Greater New York des PS1 und in der diesjährigen Whitney Biennale und der Lyon Biennale gezeigt. 1999 wurde sie mit dem Unesco Preis der Venedig Biennale ausgezeichnet. Ghada Amer lebt und arbeitet seit 1997 in New York.

Die Ausstellung umfaßt 14 Gemälde. Begleitend ist ein Katalog (mit Beiträgen von Nehama Guralnik, Olu Oguibe und Mordechai Omer) in englischer, hebräischer und arabischer Sprache erschienen. (Kal Press Ltd., Tel Aviv)

Teile der Einzelausstellung von Ghada Amer wurden vom 15.06. bis 02.09.2000 im Tel Aviv Museum of Art und bis zum 24.08. auf der Lyon Biennale gezeigt.

Die KUNST-WERKE danken dem Tel Aviv Museum of Art, der Lyon Biennial und Deitch Projects, New York, für die freundliche Unterstützung.