Jahresprogramm 2024
Luiz Roque, White Year, Film still, 2013. Performer: Glamour Garcia. Courtesy der Künstler und Mendes Wood DM, São Paulo/Brüssel/Paris/New York © der Künstler.
Die KW Institute for Contemporary Art freuen sich, ihr Jahresprogramm 2024 anzukündigen, das die Gruppenausstellung Poetics of Encryption sowie Ausstellungen und Projekte von Luiz Roque, Pia Arke, Jimmy DeSana & Paul P. und James Richards & Billy Bultheel umfasst.
KW Digital:
Poetics of Encryption
- 17. Februar – 26. Mai 2024
Kurator: Nadim Samman
Assistenzkuratorin: Linda Franken
Kuratorische Assistenz: Lara Scherrieble
In vielen Bereichen verlassen wir uns auf digitale Hilfsmittel. Aber nur selten verstehen wir, wie sie tatsächlich funktionieren. Und da viele dieser Technologien an konkrete Firmen gebunden sind, lässt sich ihre Funktionsweise auch bei größter Neugier kaum ganz nachvollziehen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit unserer relativen Machtlosigkeit gegenüber undurchschaubaren Systemen abzufinden. Wie macht sich dieses persönliche und politische Drama im kulturellen Bereich bemerkbar? Welche Stimmungen, Symbole oder Narrative vermitteln die Ästhetik und Politik der Ausgrenzung, der Abschottung, der Geheimhaltung und der Spekulationen über das Innere der Technologie? Die Gruppenausstellung in den KW knüpft an das kürzlich erschienene Buch Poetics of Encryption. Art and the Technocene von Nadim Samman an. Sie erkundet eine imaginäre Landschaft, die von Black Sites, Black Boxes und Black Holes – geheimen Orten, intransparenten Systemen und Schwarzen Löchern – geprägt ist, wobei bereits diese Begriffe darauf hinweisen, wie sehr technische Systeme die Nutzer*innen in ihren Bann ziehen, wie sie im Verborgenen wirken und wie sie Raum und Zeit in der Kultur verzerren. Diese Themen adressiert, gegliedert in drei Kapitel, die Ausstellung, die sich über alle Stockwerke der KW verteilt. In Poetics of Encryption (Poetik der Verschlüsselung) werden sowohl bestehende als auch neu beauftragte Arbeiten von mehr als 40 internationalen Künstler*innen gezeigt, die mit analogen und digitalen Medien arbeiten.
Teilnehmende Künstler*innen sind: Nora Al-Badri, Morehshin Allahyari, American Artist, Emmanuel Van der Auwera, Gillian Brett, Émilie Brout & Maxime Marion, Juliana Cerqueira Leite, Julian Charrière, Joshua Citarella, Clusterduck, Juan Covelli, Kate Crawford & Vladan Joler, Sterling Crispin, Simon Denny, enorê, Roger Hiorns, Tilman Hornig, Rindon Johnson, Daniel Keller, Andrea Khôra, Jonna Kina, Oliver Laric, Eva & Franco Mattes, Most Dismal Swamp, Carsten Nicolai, Simone C. Niquille, Trevor Paglen, Matthias Planitzer, Jon Rafman, Rachel Rossin, Sebastian Schmieg, Charles Stankievech, Troika, UBERMORGEN, Nico Vascellari, Zheng Mahler und weitere. Die Ausstellungsgestaltung entstand in Zusammenarbeit mit dem Architekten Jürgen Mayer H. Eine eigene Website, auch als Katalog zur Ausstellung dienend, präsentiert außerdem drei für die Ausstellung in Auftrag gegebene „Web-first“-Arbeiten, Rich Media und einen maßgeschneiderten AI-Chatbot. Siehe poeticsofencryption.kw-berlin.de
Das KW Digital Program 2023–2024 wird von der Volkswagen Group unterstützt.
Pause: James Richards & Billy Bultheel
Workers in Song
7.–9. Juni 2024
Kurator: Léon Kruijswijk
Kuratorische Assistenz: Nikolas Brummer
Workers in Song ist eine Zusammenarbeit zwischen dem bildenden Künstler James Richards (* 1983, GB) und dem Komponisten Billy Bultheel (* 1987, BE), die sich durch die Erweiterung ihrer jeweiligen Disziplinen begegnen. In der Performance, die Neue Musik, archivarisches Filmmaterial und performativen Text miteinander kombiniert, geistern die Geschichte der okkulten Fotografie und der Spektralmusik ebenso herum wie eher Alltägliches, etwa Internetkontakte, Fankultur und Franz Schuberts Winterreise.
In der episodisch angelegten Performance werden die Kompositionen, während sie an unterschiedlichen Institutionen gezeigt wird, überarbeitet, Videos hinzugefügt oder ausgetauscht, und auf Reisen immer wieder neue Musiker*innen zum Ensemble eingeladen. Workers in Song verwandelt die Haupthalle der KW in einen musikalischen Frankenstein, der aus der geschlossenen und homogenen Struktur des Kinosaals oder des Kammerkonzerts ausbricht. Lieder und Bilder erwachen flackernd und summend zum Leben, während die Performer*innen vor und hinter dem Publikum agieren und ein riesiges Gewebe aus Coverversionen, Unterbrechungen, Verzerrungen und Hommagen erzeugen. Workers in Song untersucht die Grenzen zwischen Liveauftritt und Aufgezeichnetem, zwischen An- und Abwesenheit, zwischen Geistern und dem Archiv.
Eine gemeinsame Auftragsarbeit des WIELS Centre for Contemporary Art, des Batalha Centro de Cinema, des Mudam Luxembourg – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean und der KW Institute for Contemporary Art.
Gefördert von Flanders State of the Art und unterstützt von der Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin, sowie der Kemmler Foundation.
Luiz Roque
Estufa
- 6. Juli – 20. Oktober 2024
Kurator: Léon Kruijswijk
Kuratorische Assistenz: Lara Scherrieble
Im Sommer 2024 präsentieren die KW mit Estufa (Gewächshaus) die erste Überblicksausstellung des Künstlers Luiz Roque (* 1979, BR), dessen Arbeit zwischen Expanded Cinema, visueller Kunst und kritischer Theorie angesiedelt ist. In seiner künstlerischen Praxis verbindet er das Interesse an der Moderne, an Popkultur, Queer-(Bio-)Politik und Science-Fiction, indem er die Herausforderungen verschiedener – vorwiegend brasilianischer – Subkulturen und marginalisierter Stimmen darstellt und alternative Wirklichkeiten entwickelt.
Roques skulpturale Videoinstallationen erforschen die feine Grenzlinie zwischen Form und Inhalt, wobei Aufnahmetechniken und Vorführmethoden ebenso wichtig sind wie das mit ihnen präsentierte Thema. Der anachronistische Ansatz des Künstlers mündet in zeitlose Montagen und Environments und deckt dabei die dringlichen soziopolitischen Anliegen dieser Communitys auf. Roques Faszination für unheimliche, Träumen gleichende Stimmungen spiegelt sich im Kleinen in seinen Keramikarbeiten wider. Die Ausstellung in den KW zeigt ein zwei Jahrzehnte umfassendes Werk – darunter neue Keramiken und eine neu beauftragte Filminstallation – und wird von einer Publikation, die Roques Arbeit weiter betrachtet, begleitet.
Pia Arke
Arctic Hysteria
- 6. Juli – 20. Oktober 2024
Kuratorin: Sofie Krogh Christensen
Wissenschaftliches Volontariat und Kuratorische Assistenz: Aykon Süslü
Die KW präsentieren in Zusammenarbeit mit der John Hansard Gallery, Southampton (GB), die erste Ausstellung der Künstlerin Pia Arke (1958–2007) außerhalb von Kalaallit Nunaat (Grönland) und den nordischen Ländern.
Von Ende der 1980er- bis Anfang der 2000er-Jahre hat Pia Arke die komplizierten Beziehungen zwischen Zeit, Erinnerung, Raum, Identität und Mythos in Bildern von und aus Grönland kartiert. Als Tochter einer Kalaallit-Mutter und eines dänischen Vaters ließ sie dabei biografische Komponenten ihrer eigenen komplexen Geschichte einfließen. In ihren Bildern geht es, mit Arkes eigenen Worten, um das Schweigen, das die Verbindungen zwischen Grönland und Dänemark umgibt, und darum, wie sie selbst in dieses Schweigen hineingeboren wurde. Arke bewegt sich dabei bewusst zwischen den Rollen der Künstlerin, Ethnografin und Forscherin hin und her und bedient sich verschiedener historischer, volkstümlicher und archivarischer Quellen. Sie gilt als Pionierin des dekolonialistischen Diskurses in den nordischen Ländern und der Arktis und beeinflusst diesen bis heute.
Der Titel Arctic Hysteria (arktische Hysterie) ist einer einflussreichen Werkreihe Pia Arkes entnommen. Die Ausstellung vereint fotografische, skulpturale, performative und schriftstellerische Werke sowie Arbeiten der Künstlerin auf Papier. Es werden die in Arkes Werken verarbeiteten Narrative beleuchtet, die sich um die kolonialen Beziehungen zwischen Grönland und Dänemark ranken, auch um eine Diskussion über fortbestehende koloniale Strukturen im Allgemeinen anzustoßen. Arkes künstlerische Praxis ist zwar aus der Verbindung der beiden Länder hervorgegangen, entfaltet sich jedoch als eine strukturelle feministische Kritik. Arctic Hysteria widmet sich Arkes durch den (weiblichen) Körper vermittelten Methoden, insbesondere ihrem Einsatz performativer Strategien wie Montage, Inszenierung und Reinszenierung, mit denen sie versuchte, ein Gefühl der Zugehörigkeit und kritischen Selbstreflexion zu erzeugen.
Die Ausstellung wird von einem Katalog mit neuen Texten begleitet, der verschiedene Aspekte von Arkes Praxis in einem internationalen Diskurs erörtert, wobei der Schwerpunkt auf Stimmen aus der zeitgenössischen feministischen Forschung liegt.
Die Ausstellung und die zugehörige Publikation werden in Zusammenarbeit mit der John Hansard Gallery, Southampton (GB) realisiert.
Jimmy DeSana & Paul P.
Ruins of Rooms
- 6. Juli – 20. Oktober 2024
Kurator: Krist Gruijthuijsen
Assistenzkuratorin: Linda Franken
Ruins of Rooms betrachtet Porträts aus der Perspektive von Jimmy DeSana (1949–1990, US) und Paul P. (* 1977, CA).
Jimmy DeSana war ein Fotograf, dessen Aufnahmen der New Yorker East-Village-Szene in den frühen 1970er-Jahren sich aufgrund ihrer Sensibilität, Verspieltheit und Erzählfreude später als sehr einflussreich erweisen sollten. Er begann mit Aktaufnahmen vor der uniformen Architektur der Vorstadt, in der er seine Kindheit verbracht hatte, und widmete sich während seiner gesamten künstlerischen Laufbahn der Erforschung des menschlichen Körpers. Charakteristisch für DeSanas umfangreiches Portfolio sind verdrehte Gliedmaßen, verhüllte Figuren, satte Farben und surreale Inszenierungen. Als feste Größe in der New Yorker Punk- und No-Wave-Szene sowie in der queeren Fetisch-Subkultur der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre versuchte er sich auch in der Musikfotografie und porträtierte beispielsweise Yoko Ono, John Giorno, David Byrne und Debbie Harry, die wie er zur Avantgardeszene der Stadt gehörten. Seine Infizierung mit HIV am Ende der 1980er-Jahre führte infolge der Veränderungen seines eigenen Körpers und des polarisierten politischen Klimas zur Zeit der HIV/AIDS-Epidemie zu einem radikalen Wandel in seinem künstlerischen Schaffen: Er entfernte sich vom Sujet des Körpers und schuf nun abstrakte, unwirkliche Bilder.
Der kanadische Künstler Paul P. ist seit etwa 20 Jahren für seine melancholischen Zeichnungen und Gemälde sowie in jüngster Zeit auch Skulpturen in Form von Möbeln bekannt. Die meisten Motive für seine Porträts findet er in den Archiven von Schwulenmagazinen, insbesondere aus dem Zeitraum zwischen dem Anfang der Schwulenbewegung und dem Beginn der AIDS-Krise. Somit greift er auf bereits vorhandene Bilder junger schwuler Männer zurück und inszeniert sie neu. Seine fragilen und traumhaften Arbeiten, die an Porträtmalerei des 19. Jahrhunderts erinnern, distanzieren und befreien die Porträtierten aus ihrem spezifischen Kontext und geben ihnen etwas Geheimnisvolles, das ebenso zeitlos wie verführerisch ist. In seinem neueren Werk hat der Künstler seinen Ausdruck von Schönheit voll kultureller Tragik weiterentwickelt und präsentiert seine grüblerischen Motive im Kontext atmosphärischer Abstraktion, düsterer Landschaften und allegorischer Skulpturen.
Ruins of Rooms präsentiert nicht nur einen umfassenden Überblick über das Werk beider Künstler, sondern bringt sie auch erstmals im Dialog zusammen.
Die Ausstellung wird mit großzügiger Unterstützung der KW Freunde realisiert.
BPA// Exhibition 2024
16. November – 5. Januar 2024
Kuratorin: Linda Franken
Die Partnerschaft der KW und des BPA// Berlin program for artists besteht seit 2020. BPA// ist ein unabhängiges Mentoring-Programm, das den Austausch zwischen aufstrebenden und bereits etablierten Berliner Künstler*innen fördert. Das 2016 von Angela Bulloch, Simon Denny und Willem de Rooij ins Leben gerufene Programm organisiert wechselseitige Atelierbesuche, öffentliche Vorträge und gemeinsame Ausstellungen. Die BPA// Exhibition 2024 in den KW zeigt Arbeiten der Künstler*innen des letzten Jahres, die während ihrer Teilnahme an dem Programm entstanden sind.
Pressekontakt
Marie Kube
Tel. +49 30 243459-41
Anna Falck-Ytter
Tel. +49 30 243459-134
press@kw-berlin.de
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Auguststraße 69
10117 Berlin
www.kw-berlin.de
Die KW Institute for Contemporary Art werden institutionell gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Ausstellungen und Projekte des Jahresprogramms 2024 finden statt in Zusammenarbeit mit und/oder werden gefördert von:
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