Jetzt und zehn Jahre davor

 

 

28. November 04 – 9. Januar 05

 

 

Eröffnung: 27.11.2004, 17 - 21 h

Eine Ausstellung zu Verhältnissen von Kulturproduktion und Stadtentwicklung

Das New Yorker East Village in den frühen Achziger Jahren und Berlin-Mitte etwa zehn Jahre später wurden innerhalb kürzester Zeit zu international bedeutenden Orten für die Kulturproduktion und den Kunsthandel umgebaut und aufgewertet. Die Ausstellung Jetzt und zehn Jahre davor untersucht diese Entwicklungen aus der Perspektive künstlerischer Debatten. Sie reflektiert die politische Bedeutung dieser stadträumlichen Veränderungen und ihre diskursive Dimension im Verhältnis von Kunstproduktion und Stadtentwicklung.

Solche Aufwertungsprozesse von Stadtvierteln werden als Gentrification bezeichnet. In der Regel durch eine bohemistische Nutzung vorbereitet, sind sie von der Vertreibung bisheriger BewohnerInnen und einer intensiven Kapitalisierung des Raumes gekennzeichnet. Wie Matthias Bernt und Andrej Holm in ihrem Text zur Ausstellung beschreiben, ist dabei die Funktion von KünstlerInnen umstritten - obwohl sie als Avantgarde der Aufwertung fungieren, sind sie später häufig selbst von den Auswirkungen betroffen.

Die Ausstellung Jetzt und zehn Jahre davor versammelt künstlerische, architektonische und aktivistische Arbeiten und Projekte, die sozialräumliche Veränderungen durch Aufwertungsprozesse reflektieren. Die Beschäftigung mit Gentrifizierung erscheint dabei für KünstlerInnen auch als eine Methode, sich auf eine gesellschaftliche Funktion von Kunst zu beziehen. Auf der anderen Seite scheint der Begriff die euphorische Annäherung von Jungendkulturen und Kunst kaum fassen zu können und eine Funktion von Kunst zu determinieren. Die Ausstellung zeichnet diese Ambivalenz zwischen sozialer Relevanz und individuellen Ausdrucksmöglichkeiten als eine prägende und produktive Auseinandersetzung nach.

Die Ausstellung spannt sich über drei methodische Felder. Ein historischer Teil dokumentiert dynamische Phasen der Gentrifizierung mit zentralen Projekten, künstlerischen Arbeiten und Materialien, etwa von den Berliner Gruppierungen Freies Fach und Botschaft e.V., Graffiti-Fotografien der New Yorker Fotografin Martha Cooper, frühen Postern der Band Sonic Youth und der Times Square Show. Von Louise Lawler wird eine Fotoarbeit "Interesting" zu sehen sein, mit der sie 1984 den Boom des East Village kommentierte.

Ein zweiter Teil setzt sich mit dem Phänomen des Gerade-Vergangenen auseinander. Er präsentiert Metallskulpturen, die das Erscheinungsbild Berlins in einer Phase noch offener Eigentumsfragen bestimmt hatten - zusammengesetzt aus leicht verfügbaren, nicht mehr verwendeten Resten aus privatem und industriellem Gebrauch. Die Präsentation wird mit zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten kontextualisiert.

Ein dritter Teil - Comparative Studies - versucht die regionalen und identitären Konstruktionen von Boheme und Stadt in ein Verhältnis zu opaken, selbstorganisierten und kollektiven Produktionen zu setzen.

Die Ausstellung wird von Axel John Wieder, Gertrud Berlin und Josef Strau organisiert.

Es erscheint ein Katalog mit zahlreichen Text- und Bildbeiträgen:

(Hrsg.: Axel John Wieder, Stefan Dillemuth und Josef Strau
Mit Texten und Beiträgen von: John Miller, Alan Moore, Rosalyn Deutsche, Katrin Pesch und den Beteiligten
Deutsch mit englischem Appendix
Revolver Verlag, 240 Seiten, 19 Euro, Schwarz/Weiß)

Die Ausstellung wurde ermöglicht dank der großzügigen Unterstützung des Hauptstadtkulturfonds Berlin.

Dank an die Norwegische Botschaft, Luxoom Medienprojekte, Statistisches Landesamt Berlin