Jahresprogramm 2019

 

 

Die KW Institute for Contemporary Art freuen sich, ihr künstlerisches Programm für das Jahr 2019 bekanntzugeben. Als Fortsetzung des Programms 2018, das sich dem „Körper“ im Wechselspiel mit Politik, Identität, Technologie und Architektur widmete, wird dieser Ansatz 2019 erweitert und der programmatische Fokus verstärkt auf den politischen und kollektiven Körper und dessen Zerfall gelegt.

A year with Renee Gladman

 

Januar – Dezember 2019

 

2019 wird das Residency-Programm A Year with… von der amerikanischen Lyrikerin, Romanautorin, Künstlerin und Herausgeberin Renee Gladman (geboren 1971, Atlanta, US) gestaltet. Das von den KW Institute für Contemporary Art und dem Schwulen Museum in Berlin gemeinschaftlich initiierte Projekt beginnt ab dem 1. Januar 2019 und unterstützt Gladman ein Jahr lang in ihrer Arbeit. Die Residency wird die Programme beider Institutionen ergänzen und das umfangreiche Archiv des Schwulen Museums, das der Geschichte und Kultur der LGBTIQ-Communities in Berlin gewidmet ist, neu erschließen. Gladman, deren Arbeit mit der New-Narrative-Bewegung assoziiert wird, verfasst Prosa und Poesie, die das Potenzial eines Satzgefüges mit kartographischer Präzision und Neugier gleichsam auf die Probe stellen. Zu ihren bisherigen Veröffentlichungen zählen Prosawerke wie Prose Architectures (2017), ein interdisziplinäres Projekt, das das Kontinuum zwischen Sätzen und Zeichnungen erforscht, Calamities (2016), ihre erste Essay-Sammlung sowie die Ravicka-Romane Event Factory (2010), The Ravickians (2011) und Ana Patova Crosses a Bridge (2013).

 

A Year with Renee Gladman findet in Zusammenarbeit mit dem Schwulen Museum in Berlin statt.

Pause: Jimmy Robert, Emma
Hedditch, Every Ocean Hughes
(After Ian White)

 

Als Auftakt der einzelnen Ausstellungsblöcke präsentieren die KW eine dreiteilige Pause-Reihe, die dem verstorbenen Künstler Ian White (1971–2013) gewidmet ist. Als in London und Berlin lebender Künstler, Performer, Kurator, Lehrer und Autor reagierte White in seiner Arbeit kritisch auf die Rolle institutioneller Infrastrukturen in der Kunstproduktion. Seine Arbeit befasste sich oft mit der Frage, wie die Beschränkungen dieser Infrastrukturen durch Momente öffentlicher Performance offengelegt, auf die Probe gestellt und aufgebrochen werden können. Das Pause-Programm für 2019 bezieht mit Jimmy Robert, Emma Hedditch und Every Ocean Hughes drei von Whites Wegbegleiter*innen und Kollaborateur*innen ein und erkundet, welchen Einfluss ihr gemeinsames Werk und Whites Nachlass weiterhin auf zeitgenössische Performances und zeitbasierte Formen der Zusammenarbeit haben.

 

Die Pause-Reihe ist Teil von Reflect-Suspend-Dismantle, einem einjährigen Programm rund um die Arbeit von Ian White, das 2019 an verschiedenen Orten in Berlin stattfinden wird. Pause entsteht in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Kirsty Bell, dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst, dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD sowie dem Nachlass von Ian White.

 

Pause: Jimmy Robert (After Ian White)

Joie noire

19.–20. Januar 2019

Kurator*in: Mason Leaver-Yap

 

Mit Joie noire präsentiert der in Berlin lebende Künstler Jimmy Robert (geboren 1975, Guadeloupe, FR) eine Veranstaltung, die sich über zwei Abende erstreckt. Dabei nutzt Robert die KW als Bühne, um die Welten von Disko und Tod zu untersuchen. Ausgehend von der Untersuchung zweier Körper im Kontext der Geschichte des Clubbing setzt sich Robert mit der Sichtbarkeit des Körpers, der Rolle des Verlangens und den Überresten nach einer Party auseinander. Wie wird die Show weitergehen? In Joie noire werden Elemente der Clubkultur analysiert und der Nachtclub als Ort des Rhythmus und der Sinnlichkeit, sein Potenzial, Untergrund-Partys zu beherbergen, untersucht. Das helle Ausstellungslicht wird abgedunkelt, um den Jargon der Tanzfläche aufzugreifen und eine kritische Betrachtung des Vermächtnisses der 1980er Jahre im Hinblick auf AIDS, Aktivismus, Gender und Herkunft vorzunehmen.

 

Roberts multidisziplinäre Praxis umfasst Performance, Fotografie und Film. In seinen Werken erforscht er oft die Rolle des Zuschauers, indem er tradierte und Avantgarde-Performances neu aufarbeitet und so deren rassistische und genderspezifische Lesarten herausfordert. Roberts jüngste Einzelausstellungen wurden bei Western Front, Vancouver, der Peer Gallery, London (2017), La Synagogue De Delme, FR (2016), im Museum M, Leuven, BE (2015),  Power Plant, Toronto (2013), im Jeu de Paume, Paris (2012) und im Museum of Contemporary Art in Chicago (2012) gezeigt. Seine Performances wurden u.a. im Migros Museum, Zürich (2015), im Museum of Modern Art, New York (2014) und in der Tate Britain, London (2004) präsentiert. Roberts jüngste Performance-Arbeit Imitation of Lives, die von Performa17 und The Glass House kommissioniert wurde, fand im November 2017 in New York statt. Robert lebt und arbeitet in Berlin.

 

Pause: Emma Hedditch (After Ian White)

18.–19. Mai 2019

Kurator*in: Mason Leaver-Yap

 

Die in New York lebende Künstlerin und Schriftstellerin Emma Hedditch (geboren 1972, GB) präsentiert in den KW eine Veranstaltung, in der sich mit ihrer eigenen Verfasstheit auseinandersetzt, indem sie den sozialen Akt der Partizipation und das Vermächtnis von Konsequenzen durchdenkt: Was heißt es, Menschen zusammenzubringen? Welche Erwartungen haben potentielle Interessent*innen, die nicht teilnehmen können, und welche Bürde trägt der*die Akteur*in, um die sich eine Institution oder ein Publikum versammelt? Indem sie Ian Whites Untersuchung der Arbeit temporärer Gemeinschaften aufgreift, erforscht Hedditch, was innerhalb des Formats einer öffentlichen Performance, die sich den Standards einer Kulturinstitution widersetzt, erzeugt und verhandelt wird.

 

Emma Hedditch veröffentlichte Texte in Afterall, Mute Magazine und Art Monthly und verfasste Beiträge für die Publikationen Rereading Appropriation (If I Can’t Dance, 2015) und Anarchic Sexual Desires of Plain Unmarried Schoolteachers (Selected Press, 2015). Zu ihren Arbeiten im Eigenverlag zählen A Political Feeling, I Hope So, Coming to Have a Public Life, Is it Worth it? und das E-Book I Don’t Want you to Work as Me, I Want you to Work for Me mit Performance-Skripten. Hedditch hat zudem für den feministischen Film- und Videovertrieb Cinenova (1999–heute), für die Copenhagen Free University (2001–2008) und für No Total | Arika, einem Ort für Performance (2012–heute) gearbeitet. Sie hat an Ausstellungen wie Finesse, die von Leah Pires in der Wallach Art Gallery in New York kuratiert wurde, Claim a hand in the field that makes this form foam in der Outpost Gallery in Norwich (GB) sowie Other Romances, kuratiert von Em Rooney bei Rachel Uffner in New York, teilgenommen.

 

Pause: Every Ocean Hughes (After Ian White)

24.–25. August 2019

Kurator*in: Mason Leaver-Yap

 

Die in Stockholm lebende Künstlerin Every Ocean Hughes (geboren 1977, US) stellt ihre neue Performance vor – halb Konzert, halb Theater – das Selbstbestimmung, die Fantasie von Kontinuität und das Abstrakte vom Tod thematisiert. Als erste in einer Reihe von Veranstaltungen, die die Idee des „queeren Todes“ durch Text, Skulptur, Fotografie, Musik sowie Collage und Performance erkundet, erkundet Ocean Hughes’ Arbeit die Sozialität und Materialität von Leben und Tod, Überleben und Palliativpflege.

 

Every Ocean Hughes ist Künstlerin und Schriftstellerin. Ihre Arbeitsweise ist interdisziplinär; aktuelle Projekte werden in Form von Performance, Fotoinstallationen, Druckgrafik, Text, Video, Kuratieren und Kollaborationen durchgeführt.  Sie ist Herausgeberin und Mitbegründerin des queerfeministischen Magazins und Künstler*innenkollektivs LTTR. Ihre zahlreichen Kollaborationen manifestieren sich im Schreiben von Songtexten für The Knife und JD Samson & MEN, im Kostümdesign für die Choreograf*innen Levi Gonzalez, Vanessa Anspaugh und Faye Driscoll sowie in Boris Charmatz‘ Performance Expo Zero. Letztere Auftragsarbeiten entstanden u.a. für die Tate Modern, London, Wiener Secession, Kunsthalle Lissabon, für PARTICIPANT INC. in New York, If I Can’t Dance und das Stedelijk Museum in Amsterdam, für das PICA – Portland Institute for Contemporary Art, das Visual Arts Center in Austin (US) und für The Kitchen in New York.

David Wojnarowicz:
Photography & Film 1978–1992

 

  1. 9. Februar – 5. Mai 2019
  2. Eröffnung: 8. Februar 2019
  3. Kurator: Krist Gruijthuijsen

 

David Wojnarowicz (1954–1992) erlangte Bekanntheit in der Kunstszene des East Village der 1980er Jahre, als er durch Einbeziehung mannigfacher Medien ein breites Spektrum künstlerischer Arbeiten schuf, die sowohl leidenschaftlich politisch und zugleich hochpersönlich waren. Obwohl Wojnarowicz weitestgehend Autodidakt war, gelang es ihm als Künstler und Autor, eine ausgeklügelte Kombination vorgefundener und ausrangierter Materialien mit einer außergewöhnlichen Kenntnis literarischer Einflüsse zu verschmelzen. Zu Beginn in rauen Schaufenster-Galerien ausgestellt, erlangten seine Arbeiten nach kurzer Zeit landesweit Anerkennung. Nach seiner HIV-Diagnose Ende der 1980er Jahre begann sich Wojnarowicz für die Rechte der queeren Community zu engagieren. Zu jener Zeit wurde auch seine künstlerische Arbeit unverkennbar politisch. Die Ausstellung in den KW wird sich erstmalig ausschließlich auf Wojnarowicz’ fotografisches und filmisches Werk konzentrieren und eine immersive Videoinstallation präsentierten, die die Arbeiten A Fire in my Belly (1986–87) und ITSSOFOMO (1989) umfasst.

 

Die Ausstellungen von David Wojnarowicz, Reza Abdoh und Frank Wagner werden von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und den KW Freunden gefördert. Die Ausstellung von David Wojnarowicz wird großzügig unterstützt, der P·P·O·W Gallery, New York und der Coleção Moraes-Barbosa.

Reza Abdoh

 

  1. 9. Februar – 5. Mai 2019
  2. Eröffnung: 8. Februar 2019

Kurator*innen: Bidoun (Negar Azimi, Tiffany Malakooti, Babak Radboy), Krist Gruijthuijsen

 

Parallel zu der Ausstellung von Wojnarowicz präsentieren die KW eine Einzelausstellung des verstorbenen, iranischen Theatermachers Reza Abdoh (1963-1995), der für seine groß angelegten, experimentellen, konfrontativen und oft schockierenden Theaterproduktionen bekannt war. Abdoh charakterisierte sich selbst als Mitglied einer „Fernseh-Generation“ und bezog sich in seinen Arbeiten geradezu begierig auf Musikvideos, Varieté-Shows, Filme, Tänze, klassische Literatur und BDSM – Poesie und Härte zu gleichen Anteilen einschließend. Er brach mit sämtlichen Parametern des Theaters, um eine ursprüngliche Erfahrung zu kreieren, mit der Themen wie Militarismus, Rassismus und Homophobie verhandelt werden konnten. Abdohs Aids-Diagnose wurde zu einem immer wiederkehrenden Thema seiner späteren Produktionen. Hinterlassenschaften seiner Arbeit sind bis heute auf Videokassetten zu finden und zirkulieren unter experimentellen Theaterensembles noch immer als Inspiration. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem MoMA PS1, New York produziert, wo Abdohs Arbeiten vom 3. Juni – 3. September 2018 präsentiert wurden.

 

Die Ausstellungen von David Wojnarowicz, Reza Abdoh und Frank Wagner werden von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert. Die Ausstellung von Reza Abdoh wurde in Zusammenarbeit mit dem MoMA PS1, New York produziert und großzügig unterstützt von der Marina Kellen French Foundation, der Coleção Moraes-Barbosa und der Casper.

TIES, TALES AND TRACES.
Dedicated to Frank Wagner,
Independent Curator (1958–2016)

 

  1. 9. Februar – 5. Mai 2019
  2. Eröffnung: 8. Februar 2019

Kurator*innen: RealismusStudio der nGbK (Christin Lahr, Isabelle Meiffert, Ulrike Riebel, Vincent Schier, Susanne Weiß)

 

Auf Einladung der KW konzipiert das Kurator*innenteam RealismusStudio der neuen Gesellschaft für bildendenden Kunst (nGbK) eine Ausstellung, die an das Wirken des verstorbenen Kurators Frank Wagner (1958–2016) erinnern soll. Der unabhängige Kurator, der fast 40 Jahre lang das Profil der nGbK und des RealismusStudio der nGbK prägte, hatte sich mit wegweisenden und viel beachteten Ausstellungen über kritische Kunst, AIDS, Faschismus, und LGBTQI-Themen einen Namen gemacht. Künstler*innen wie Félix González-Torres, Cady Noland, Marlene Dumas, Alfredo Jaar, Barbara Kruger und Nan Goldin zeigte er noch lange vor ihrem internationalen Durchbruch in Berlin. 1988 wagte er mit Vollbild Aids die erste umfassende Ausstellung in Europa zum HI-Virus. Im Rahmen einer Ausstellung über sexuellen Aufruhr und Widerstand in den KW erinnerte Wagner 1992 mit einen Gedenkraum an David Wojnarowicz, den er bereits zuvor mehrfach gezeigt hatte. Die Ausstellung über Frank Wagner basiert auf Kunstwerken und Dokumenten aus seinem Nachlass, der rund 4.500 Bücher und Kataloge sowie ca. 350 Kunstwerke umfasst. Sie ermöglicht einen profunden Einblick in Wagners kuratorische Praxis und betrachtet sie innerhalb eines größeren Kontextes. Öffentliche Veranstaltungen und Führungen von Kurator*innen, Künstler*innen und Weggefährt*innen komplettieren die Gedenkschau.

 

TIES, TALES, AND TRACES. Dedicated to Frank Wagner, Independent Curator (1958–2016) ist eine Ausstellung der KW Institute for Contemporary Art, kuratiert vom RealismusStudio der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) in Kooperation mit Between Bridges. Das RealismusStudio besteht aus Christin Lahr, Isabelle Meiffert, Ulrike Riebel, Vincent Schier und Susanne Weiß. Der ergänzende Ausstellungsteil im Projektraum Between Bridges (1. Februar – 16. März 2019) wird kuratiert von Wolfgang Tillmans und Eugen Ivan Bergmann. 

 

Die Ausstellungen von David Wojnarowicz, Reza Abdoh und Frank Wagner werden von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und den KW Freunden gefördert.

Kunstpreis der Schering Stiftung 2018:
Anna Daučíková

 

  1. 7. Juni – 18. August 2019
  2. Eröffnung: 6. Juni 2019

Kuratorinnen: Anna Gritz, Cathrin Mayer

 

Anna Daučíková (geboren 1950, Bratislava, SK) ist Trägerin des Kunstpreises der Schering Stiftung 2018, der von der Schering Stiftung in Kooperation mit den KW vergeben wird. Die slowakische Künstlerin vereint in ihrer Arbeit Überlegungen zur Rolle und den Folgen des Modernismus in osteuropäischen Gesellschaften mit Vorstellungen des politischen Körpers. Im unterschiedslosen Übergang von Fiktion zu historischen Fakten, die sie durch eine profunde Archivrecherche erarbeitet, praktiziert Daučíková bewusst eine neue Form der Geschichtsschreibung, die den stereotypen Gebrauch von Narrativen und Bildern unterwandert. Sie schärft ihren Blick und ihr künstlerisches Vokabular ebenso an gefliesten Fassaden sowjetischer Regierungsgebäude in der Ukraine wie an den einflussreichen Schriften russischer Schriftsteller wie Tolstoi und Dostojewski und deren Instrumentalisierung für Putins Staatsideologie. Ihre Erzählung wird stets durch persönliche Erfahrungen gebrochen, die sie jedoch nie einem voyeuristischen Blick aussetzt. Daučíková verleiht dieser Art der Verflechtung von erlebter und erzählter Geschichte mit einer einzigartigen, künstlerischen Sprache Ausdruck, die erstmalig in einer groß angelegten, monografischen Ausstellung präsentiert und gewürdigt wird. Mit der Ausstellung in den KW, für die auch neue Arbeiten der Künstlerin gefertigt werden, knüpft Daučíková an ihre frühe Glas-Ausbildung an und produziert Skulpturen und eine Filminstallation, die ihre andauernde Faszination für Glas als transparentes, zerbrechliches Material analysieren und dessen theoretische und physische Implikationen untersucht.

 

Die Schering Stiftung verleiht den Kunstpreis der Schering Stiftung alle zwei Jahre in Kooperation mit den KW Institute for Contemporary Art. Der mit 10.000 € dotierte Preis zeichnet internationale Künstler*innen aus, die als wichtigste Entdeckungen der letzten zwei Jahre im Bereich der bildenden Kunst gelten.

Image Bank

 

22. Juni – 1. September 2019

Eröffnung: 21. Juni 2019

Kurator*innen: Krist Gruijthuijsen, Maxine Kopsa, Scott Watson

 

Image Bank war ein Begriff, der 1979 von Michael Morris und Vincent Trasov zur Beschreibung und Definition eines Künstler*innen-Netzwerkes geprägt wurde. Zu Beginn der 1970er Jahre gab es in Kanada einen großen Bedarf an persönlicher, direkter Interaktion und Kommunikation zwischen Künstler*innen im Land selber und darüber hinaus. Um das Netzwerk aufzubauen, nutzten Morris und Trasov das herkömmliche Postsystem und versandten regelmäßig Bildanfragen in Form listenartiger Register an Künstler*innen und Freund*innen. Dieser Austausch wurde bald um Veröffentlichungsverzeichnisse und Veranstaltungs–Kollaborationen ausgeweitet, die Künstler*innen miteinander vernetzen sollten. Die Möglichkeiten, die diese Art des Dialogs bot, sind lediglich durch die Imagination begrenzt und lassen Parallelen zu den kommunikativen Potentialen späterer Entwicklungen wie E-Mail und Internet ziehen. Die Ausstellung ist die erste Überblicksschau zu dem Kollektiv, das von 1970–1977 agierte.

 

Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit der Belkin Art Gallery, Vancouver produziert.

Heike-Karin Föll
speed

 

22. Juni – 1. September 19
Eröffnung: 21. Juni 19, 19 Uhr

Kuratorin: Maurin Dietrich

 

Heike-Karin Föll (geboren 1967 in Bad Cannstatt, DE) arbeitet zu Materialität und Mechanismen von Zeichnung, Malerei und Schrift. Ihr Schaffen steht im Austausch mit medialem Alltag, Styles, analogen oder digitalen Texten und Displays. Dabei arbeitet sie ‚post-post‘ – im Aufbruch aus nicht mehr soliden, ehemals postmodernen Strategemen wie Aneignung, Zitat und Kopie. In diesem Zusammenhang wird Zeichnung und damit auch die Linie als ihre kleinste Einheit exponiert. Hier von ausgehend lassen sich unterschiedliche künstlerische Formate für den Ausstellungsraum erschließen: Buchseite, Blatt oder Leinwand, die auf digitalen Bildschirmen gleichsam durchscheinend werden.

 

Föll studierte Freie Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, an der Universität der Künste Berlin (UdK) und Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin. Seit 2019 ist Föll Professorin für Zeichnung an der UdK Berlin.

 

Heike-Karin Föll lebt und arbeitet in Berlin. Die Ausstellung in den KW ist ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland und präsentiert einen Überblick über verschiedene Werkgruppen.

The Making of Husbands:
Christina Ramberg in Dialogue

 

  1. 14. September 2019 – 5. Januar 2020
  2. Eröffnung; 13. September 2019

Kuratorin: Anna Gritz

 

„Eine unförmige Gestalt in eine saubere, glatte Linie einfassen, bändigen, umformen, verletzen, zusammenpressen, einschnüren, verwandeln“, so hat die amerikanische Künstlerin Christina Ramberg (1946–1995) einst ihre Zeichnungen von Korsetts in ihrem Skizzenbuch beschrieben. Ramberg war eine der faszinierendsten Maler*innen, die aus einer Generation der Chicago Imagists hervorgegangen war und einen bemerkenswerten Komplex an bizarren, formal eleganten, erotisch düsteren Gemälden hinterließ. Unter dem Einfluss des Surrealismus verströmen ihre scharf abgegrenzten und in eigentümlichen Variationen von in Korsetts, Bandagen und Stoffen eingeschnürten verstümmelten Torsi eine verunsichernde Ruhe, belastet von einem widersprüchlichen Verlangen. Rambergs Auffassung vom Körper als Ort, der tiefgreifend mit seiner Umgebung verflochten und von Korsetts, Frisuren und Verhaltenskonventionen geformt ist, ist zentral für die These dieser Ausstellung, die, basierend auf Rambergs Herangehensweise, eine Analyse des Verhaltens durch die Strukturen, die unsere Existenz von außen und innen organisieren, heraufbeschwört. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Auswahl von Rambergs Arbeiten, die um Positionen weiterer Künstler*innen ergänzt werden und Rambergs Ansatz aufgreifen und weiterführen, um das Verständnis für umgebende Elemente zu schärfen, die sich nachweislich auf Performance, Verhalten und Körpersprache auswirken.

Hreinn Friðfinnsson

 

28. September 2019 – 5. Januar 2020

Eröffnung: 27. September 2019

Kurator*innen: Krist Gruijthuijsen, Andrea Bellini

 

Hreinn Friðfinnsson (geboren 1943, Baer Dölum, IS) ist einer der führenden Künstler Islands. Seine Arbeit wird für ihre Lyrizität und harsche Poesie gefeiert, die über die oft banalen Gegenstände und Materialien, die der Künstler zur Schaffung seiner Werke nutzt, hinausgeht. Obwohl es eine thematische Beständigkeit und einen gemeinsamen emotionalen roten Faden in seiner Kunst gibt, sind die Medien, die Friðfinnsson einsetzt, in ihren Größenverhältnissen und Inhalten bemerkenswert vielfältig. Der Künstler nutzt Fotografie, Zeichnungen und Nachzeichnungen, Displays und Installationen mit Ton, Texten und Ready-Mades. Friðfinnsson präsentiert oft vorgefundene Objekte, die er so wenig wie möglich bearbeitet –er schafft so neue Arbeiten, die sich mit Vorstellungen vom Selbst und der Zeit auseinandersetzen. Sein Vokabular, das von einem feinen Sinn für Humor geprägt ist, umfasst Doublierung, Träume, Folklore, Wahrnehmungstricks und das Übernatürliche. Mit diesen Mitteln sucht Friðfinnsson nach Entsprechungen zwischen den Dingen.

 

Die Ausstellung in den KW liefert einen Überblick zu Friðfinnssons Schaffen ab Mitte der 1960er Jahre bis heute und wird in Zusammenarbeit mit dem Centre d’Art Contemporain Genève produziert. Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Catalogue Raisonné.

Kris Lemsalu

 

  1. 28. September – 5. Januar 2020
  2. Eröffnung: 27. September 2019

Kuratorinnen: Maurin Dietrich, Cathrin Mayer

 

Die estnische Künstlerin Kris Lemsalu (geboren 1985 in Tallinn, EE) schafft Skulpturen, Installationen und Performances, in denen widerstreitende Dualitäten miteinander verschmelzen – die Welt von Tier und Mensch, die Natur mit dem Künstlichen, die Schönheit mit dem Abstoßenden, die Leichtigkeit mit der Schwere und das Leben mit dem Tod. Sie kombiniert Tierkörper und Porzellanskulpturen mit vorgefundenen Materialien wie Fell, Leder, Muschelschalen, Wolle oder Papier und schafft gleichsam theatrale Installationen, die in eine irrationale Fantasiewelt entführen. In dem Bemühen, jegliche Distanz zwischen sich selbst und ihren Objekten aufzulösen, nutzt die Künstlerin ihre Installationen auch als Bühne für Performances, in denen ihre Skulpturen zu einem wesentlichen Teil ihres Selbst werden. Lemsalus Arbeit trägt die Erinnerung an lokale Mythologien an die Oberfläche von Objekten, die Artefakten und Nebenprodukten der modernen Zivilisation gleichen. Neben abstrakten, anthropomorphen Skulpturen bilden auch Selbstporträts und Fotografien einen Teil ihrer Arbeit, wobei sie in vielen davon als Figur ihrer eigenen, konstruierten, selbstständigen Erzählungen dargestellt ist. Durch Collagen aus Stoffen, Make-Up, Perücken und anderen Requisiten kreiert Lemsalu kurzlebige Identitäten für sich und ihre Kollaborateur*innen, die den Ausstellungsraum einnehmen und mit den Betrachter*innen teilen.

KW Production Series:
Andrea Büttner & Rachel O'Reilly

 

Herbst 2019

Kurator*in: Mason Leaver-Yap

 

In Zusammenarbeit mit der Julia Stoschek Collection und OUTSET Germany_Switzerland widmen sich die KW Production Series anhand zweier Neuproduktionen pro Jahr dem künstlerischen Bewegtbild. Das Projekt ist inspiriert von den Gründungsprinzipien der KW Institute for Contemporary Art als einem Ort für Produktion, Reflexion und kritischen Austausch. Die KW Production Series setzen sich zum Ziel, ausgewählte Künstler*innen zu unterstützen, deren Arbeit und Karriere sich vor einem wegweisenden Durchbruch befinden und die nicht nur von der finanziellen Unterstützung und dem institutionellen Renommee profitieren, sondern dieses Format auch nutzen, um den Tiefe- und Schärfegrad ihrer künstlerischen Arbeit maßgeblich und nachhaltig zu modifizieren.

Die KW Production Series widmen sich in ihrer zweiten Ausgabe den beiden in Berlin lebenden Künstlerinnen Andrea Büttner (geb. 1972, Stuttgart, DE) und Rachel O’Reilly (geb. in Gladstone, AU), deren neue Videoarbeiten im Herbst 2019 der Öffentlichkeit präsentiert werden.

 

Andrea Büttners Arbeit untersucht, wie westeuropäische Handwerkstraditionen mit Lebens- und Seinsmodellen durchdrungen sind. Die Künstlerin fragt, wem diese Modelle dienen und wie das Handwerk eingesetzt wird, um „die Wunden der Moderne zu heilen“. Ihr Film befasst sich mit dem anhaltenden Verhältnis von Handwerk und reaktionären, politischen Bewegungen sowie dessen Funktion in nationalen Erzählungen, religiösen Identitäten und Rolle zur Lösung gesellschaftlicher Missstände. Andrea Büttner lebt und arbeitet in Berlin und London. Zuletzt hatte sie Einzelausstellungen in der Bergen Kunsthall, im Hammer Art Museum, Los Angeles, im Museum Ludwig, Köln, im MMK, Frankfurt am Main, in der Kunsthalle Wien und im Walker Art Center, Minneapolis (US). Ihre Arbeiten wurden auf der Documenta 13, Kassel und Kabul sowie auf der 33. und 29. São Paulo Biennale präsentiert. 2017 war Büttner für den Turner Prize nominiert. Ihr Buch Beggars wurde kürzlich bei Koenig Books veröffentlicht und enthält Texte von Anne Carson und Linda Nochlin. 2019 wird ihr Buch Shame in Zusammenarbeit mit den KW bei Koenig Books erscheinen.

 

Die Geschichte der Erschließung und Verwaltung von Land und Wasser in Australien, dem trockensten Kontinent der Erde, führt zu komplexen filmischen, algorithmischen, linguistischen, rechtlichen und vermittlerischen Herausforderungen. Rachel O’Reillys neue Arbeit untersucht materielle Verbindungen lebender, toter und gefährdeter Landes-, Erinnerungs-, Bewegungs- und Forschungsarchive, um das Northern Territory in Australien abzustecken. Was bedeutet es, die Sprachen und Bilder einer anhaltenden kolonialen Entwicklungsindustrie zu verfolgen – trägt sie dazu bei, dass sich materielle Verstrickungen erschöpfen? Sackgassen und Vertrautheiten innerhalb der Lücken, die durch eine zunehmende Werteeinheit, neutrales Branding und singuläres Vokabular von „Best Practice“ entstehen, markieren Gräben, die die Kategorie des Infrastrukturellen selbst hinterfragen. 
Rachel O’Reilly ist in der australischen Siedlerkolonie Goreng Goreng aufgewachsen und lebt und arbeitet derzeit als freie Künstlerin, Lyrikerin, Researcherin und Kuratorin in Berlin. Ihre Arbeiten wurden im Van Abbemuseum, Eindhoven (NL), der David Roberts Art Foundation, London, im Museum of Yugoslav History, Belgrad, bei If I Can’t Dance, Amsterdam und im BAK – basis voor actuele kunst, Utrecht (NL) gezeigt. Zu ihren jüngsten kuratorischen Kooperationen gehören Ex-Embassy, Berlin und Planetary Records: Performing Justice Between Art and Law, Contour Biennale 8, Mechelen (BE). Ihr Buch On Neutrality, das sie gemeinsam mit Jelena Vesić und Vladimir Jerić Vlidi herausgegeben hat, wurde im Rahmen der Reihe Non-Aligned Modernisms im Museum of Contemporary Art, Belgrad veröffentlicht. Zusammen mit Danny Butt schreibt O’Reilly über künstlerische Autonomie in Siedlungskolonien; weitere Publikationen erschienen bei Cambridge Scholars Publishing, The MIT Press, Postcolonial Studies und im e-flux Journal. Derzeit lehrt O’Reilly im Rahmen des Theorieseminars At the Limits of the Writerly am Dutch Art Institute, Arnhem (NL).

 

Die KW Production Series werden kuratiert und organisiert von Mason Leaver-Yap, Assoziierte*r Kurator*in der KW und mit großzügiger Unterstützung der Julia Stoschek Foundation und OUTSET Germany_Switzerland ermöglicht.

Pressekontakt

 

Karoline Köber

Tel. +49 30 243459 41

press@kw-berlin.de

 

KW Institute for Contemporary Art

Auguststraße 69

10117 Berlin

www.kw-berlin.de

 

Das Programm der KW Institute for Contemporary Art wird ermöglicht durch die Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

 

A Year with Renee Gladman findet in Zusammenarbeit mit dem Schwulen Museum in Berlin statt. Pause entsteht in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Kirsty Bell, dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst, dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD sowie dem Nachlass von Ian White. Die Ausstellungen von David Wojnarowicz, Reza Abdoh und Frank Wagner werden von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und den KW Freunden gefördert. Die Ausstellung von David Wojnarowicz wird großzügig unterstützt von der P·P·O·W Gallery, New York und der Coleção Moraes-Barbosa. Die Ausstellung von Reza Abdoh wurde in Zusammenarbeit mit dem MoMA PS1, New York produziert und großzügig unterstützt von der Marina Kellen French Foundation, der Coleção Moraes-Barbosa und der Casper. Die Ausstellung von Frank Wagner entsteht in Zusammenarbeit mit dem RealismusStudio und Between Bridges. Die Ausstellung von Anna Daučíková findet in Kooperation mit der Schering Stiftung statt. Image Bank wird in Zusammenarbeit mit der Belkin Art Gallery, Vancouver produziert. Die Ausstellung von Hreinn Friðfinnsson wird in Zusammenarbeit mit dem Centre d’Art Contemporain Genève produziert. Die KW Production Series werden durch die großzügig Unterstützung der Julia Stoschek Foundation und OUTSET Germany_Switzerland ermöglicht.

 

 

Titel- und Laufzeitenänderungen vorbehalten.