morale provisoire Gespräch #5. Lorenzo Chiesa: Die Morale Provisoire des Partisanen

 

 

14. Dezember 10

 

 

19 Uhr

Lorenzo Chiesa umreißt in seinem Vortrag die Art und Weise, in der die subjektive Figur des Partisanen es ermöglicht, eine Zone der Unbestimmtheit zwischen provisorischer Moralität und radikaler Politik zu denken. In Momenten, in denen die Treue zu einem revolutionären Ereignis suspendiert und das Subjekt auf nur einen widerständigen ‚Punkt' der Wahl reduziert ist, wird durch den Partisanen die Suche nach dem Universalismus der Unbestimmtheit, das heißt nach Gleichheit, in den wenigen, die politisch sind, wenn nicht sogar in dem einen, aufrechterhalten. Der Universalismus des Partisanen könnte als ein Humanismus der Unmöglichkeit verstanden werden, der kein Humanismus der Endlichkeit ist.

Lorenzo Chiesa ist Senior Lecturer an der Universität Kent (GB) and Visiting Research Fellow am Institut für Philosophie ZRC SAZU in Ljubljana. Er ist Autor von Subjectivity and Otherness: A Philosophical reading of Lacan (MIT Press, 2007), The Italian Difference: Between Nihilisms and Biopolitics (Re.press, 2009, hrsg. mit Alberto Toscano) und hat ausgiebig zu gegenwärtigem französischem und italienischem Denken publiziert. Er hat Slavoj Žižeks The Ticklish Subject ins Italienische übersetzt und soeben die englische Übersetzung von Giorgio Agambens Il regno e la gloria abgeschlossen.
Im Anschluss an den Vortrag findet ein Gespräch mit Lorenzo Chiesa, Frank Ruda und Jan Völker statt. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei.

morale provisoire Gesprächsreihe
Descartes gibt das Beispiel der Reisenden, die in einem Wald die Orientierung verloren haben. Wollen sie nicht an der gleichen Stelle verharren oder aber orientierungslos umherirren, benötigen sie eine „morale par provision", die ihre Schritte anleitet.
Eine „morale provisoire" versucht entschlossen eine Richtung zu verfolgen, sie befragt das Denken auf orientierende Regeln für die Praxis. Sie richtet sich gegen Libertäre, Liberale, Sophisten und Sozialchauvinisten unserer Zeit und versucht, orientierende Interventionen für die Praxis und das Denken zu versammeln. Sie zielt auf einen neuen Mut des Denkens, der dem Unmöglichen, dem Unendlichen, dem Gleichen und dem Illegitimen sein Recht zuspricht.

Die Gesprächsreihe morale provisoire in den KW Institute for Contemporary Art in Berlin erweitert eine gleichnamige Buchreihe im Merve Verlag, die von Frank Ruda und Jan Völker herausgegeben wird. In Zusammenarbeit mit dem Verlag und den Herausgebern verpflichtet sie sich in regelmäßigen Abständen der zeitgenössischen Dringlichkeit, Orientierungen in Fragen der Wissenschaft, Politik, Kunst und Liebe zu versammeln und ihre Einsätze auf dem Feld der Philosophie zu bestimmen.
Projektleitung KW Institute for Contemporary Art: Anke Schleper