REALTY:
Resolution 1: Don't Move!
Für eine wohnhafte Residency
17. März 18, 15 Uhr
Ort: KW Studio, Vorderhaus, 1. Obergeschoss
In deutscher Sprache
Bitte melden Sie sich im Voraus unter reservation@kw-berlin.de an.
Freier Eintritt, begrenzte Kapazität
Resolutionen werden für die unmittelbare Zukunft erlassen. Mit Blick auf nachhaltige Veränderungen reichen sie von Wunschdenken bis hin zu knallhartem Pragmatismus. Da sie aber meist aus den falschen Gründen (Schuldgefühlen) verabschiedet werden, erfahren sie häufig nur kurzfristige Beachtung. Wenn sie aber einmal greifen, können Resolutionen drastische, einschneidende Auswirkungen haben. Im Laufe dieses Jahres wird REALTY etwa zehn solcher Resolutionen vorstellen, die alle auf die zentrale Fragestellung von REALTY eingehen: Wie lässt sich die Mitverantwortung der zeitgenössischen Kunst an der Gentrifizierung in den Griff bekommen? In einigen Vorschlägen wird es schlicht darum gehen, einen Umgang mit dieser Verantwortung zu finden, andere versuchen nachhaltige Wege aufzuzeigen. Einige dieser Resolutionen entstehen im Auftrag von REALTY, andere sind bei gleichgesinnten Initiativen zu Gast. Die ersten beiden Veranstaltungen 2018 finden am 17. und 18. März in den KW Institute für Contemporary Art statt und basieren auf der Arbeit des Berliner Künstlers Christopher Roth.
Resolution 1: Don’t Move!
Stell dir vor: Du bist eingeladen, in einer unbekannten Stadt Zeit zu verbringen, kreativ zu sein und anschließend wieder zurückzufliegen. Stell dir vor, die Reise würde sich als wenig kreativ erweisen, und am Ende fühltest du dich ärmer und unwissender als bei deiner Ankunft. Und stell dir nun vor, du wärst angesichts einer zweiten Einladung an irgendeinen anderen Ort dennoch erleichtert. Und vor der dritten und vierten Reise bist du daraufhin genauso enthusiastisch wie vor der ersten. Und das, obwohl sich langsam Erschöpfung breit macht und du gerade per Skype verlassen wurdest.
Heutzutage sind dies die Anzeichen einer erfolgreichen Kunstkarriere in der Jetztzeit. In gewisser Weise sind sie zunehmend symptomatisch für die Arbeitsbedingungen aller Sektoren. Ansonsten erweist sich die Realität der Kunstwelt weit eigenartiger als die meisten anderen Realitäten. Diese Residencies gründen auf Idealen, die nicht minder mystisch anmuten als die Italienreisen des neunzehnten Jahrhunderts: damals erhofften sich die KünstlerInnen, während der Reise den genius loci der Antike in sich aufnehmen zu können. Inzwischen ist die wirtschaftliche Logik dieser Ideologien Teil eines Teufelskreises aus Airbnb, Städteausverkauf und persönlicher Erschöpfung geworden.
Die Gesprächsrunde Don’t Move thematisiert Christopher Roths Idee einer Residency, die KünstlerInnen dazu ermutigt, an ihrem Wohnort zu bleiben anstelle zu verreisen. Natürlich sind solche Vorschläge nur ein kleiner, symbolischer und pragmatischer Schritt in Richtung alternativer Fördersysteme – und letztlich einer nachhaltigen Zukunft. Was könnten die Grundsteine einer künstlerischen Infrastruktur sein, die über die der zeitgenössischen Kunst hinausgeht? Es versteht sich von selbst, dass ähnliche Versuche bereits zuvor unternommen wurden. Daher wird es in dem Gespräch unter anderem auch um Berliner Initiativen wie die Zeitstipendien der Koalition der Freien Szene gehen. An dem Gespräch nehmen neben Christopher Roth und dem Kurator von REALTY, Tirdad Zolghadr, auch die Kuratorin und Dozentin Annette Maechtel teil, die Teil der 2011 gegründeten KünstlerInnenvereinigung Haben und Brauchen ist, sowie weitere Gäste.
Gefördert durch Mittel der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Berlin.