School of Casablanca:
Abdeslam Ziou Ziou
Berrechid 81

 

Begleitprogramm von Abdeslam Ziou Ziou
31. Mai – 5. Juni 2021

 

ThinkArt
130 Boulevard Zerktouni
Casablanca, Marokko

 

 

 

Berrechid 81: Rückblick auf eine kollektive Grenzerfahrung zwischen Kunst und Psychiatrie

 

In der Hitze des Frühsommers 1981 fand in der psychiatrischen Klinik von Berrechid, Marokko eine ungewöhnliche Veranstaltung statt. Maler*innen, Schriftsteller*innen, Regisseur*innen und Intellektuelle waren eingeladen, eine Woche lang den Alltag mit den Patient*innen zu teilen. Diese Erfahrung sollte dazu beitragen, das Krankenhaus – seinerzeit eine berüchtigte Festung des Wahnsinns in Marokko – erstmalig für dessen unmittelbare Umgebung zu erschließen. Es wurden Wandgemälde angefertigt, Konzerte, Diskussionen und andere Happenings organisiert und die Presse eingeladen. Die Anwohner*innen Berrechids konnten die Festung so zum ersten Mal kennenlernen. Mit dieser Veranstaltung sollten die Zustände rund um die Patient*innenversorgung in der Klinik offengelegt und andere Teile der Gesellschaft (insbesondere die Künste) in die Narrative der Patient*innenversorgung miteinbezogen werden.

 

Diese Erfahrung fußte auf einem umfassenden Ansatz, den Dr. Ziou Ziou Abdellah 1975 entwickelt hatte. Durch die Erschließung antipsychiatrischer Praktiken und ein wachsendes Interesse an populären Behandlungsformen psychischer Erkrankter außerhalb des Establishments wurden mit dem Projekt Dr. Abdellahs unterschiedliche Formen und Modalitäten psychiatrischer Versorgung in Marokko miteinander vereint. Leider wurde diese Dynamik später aus unterschiedlichen Gründen gestoppt und geriet in Vergessenheit.

 

Mit seiner sorgfältigen Recherche von mündlichen, schriftlichen und visuellen Archivmaterialien aus dieser Zeit hat Abdeslam Ziou Ziou die Spuren einer Familiengeschichte, die nationale und transnationale, kollektive Dynamiken miteinander verwebt, rekonstruiert. Ziou Ziou geht der Frage nach, wie eine Erforschung der Schichten familiärer Intimität sichtbar gemacht, Vergessen wieder aufgehoben werden kann und sich kollektive Dynamiken entwickeln.

 

 

Teil der School of Casablanca

 

Die School of Casablanca ist ein kooperatives Projekt, das das Erbe der Akademie der Bildenden Künste von Casablanca und deren innovative pädagogische Methoden und Ausstellungsstrategien im Marokko der 1960er Jahre zum Ausgangspunkt nimmt.

 

School of Casablanca wurde von den KW Institute for Contemporary Art und der Sharjah Art Foundation in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Marokko, ThinkArt und Zamân Books & Curating initiiert. Das Projekt umfasst Forschungsaufenthalte, öffentliche Programme, ein digitales Archiv und eine Wanderausstellung mit aktuellen Arbeiten sowie eine Ausstellung historischer Werke der Künstler*innen, die ursprünglich mit der Akademie der Bildenden Künste von Casablanca verbunden waren. Das kooperative Projekt wurde 2020 ins Leben gerufen und wird bis 2024 fortgesetzt.

 

Das Programm begleitet die Residency von Abdeslam Ziou Zious bei ThinkArt in Casablanca, Marokko, die von Oktober bis Mai 2021 stattgefunden hat. Es markiert einen Meilenstein in Ziou Zious Forschung und Feldarbeit, die maßgeblich zu einer fortlaufenden Untersuchung/Installation zu familiären und öffentlichen Archiven der Psychiatrischen Klinik in Berrechid und deren wegweisenden therapeutischen Praktiken zwischen Kunst und Psychiatrie beitragen.