Sue de Beer
Hans und Grete
In der Zwei-Kanal Video-Installation Hans und Grete beleuchtet die amerikanische Künstlerin Sue de Beer Szenen aus dem Leben von vier Jugendlichen, deren fiktive Geschichten auf der Recherche der Künstlerin zu den psychologischen Profilen amerikanischer ‚school shooters' basieren. Mit Hilfe einer Serie von Monologen in Interviewform und experimentellen Episoden nähert sich de Beer den psychischen Abgründen jugendlicher Obsessionen und Gewalt.
De Beer untersucht reale Schreckensereignisse und deren soziale Auswirkungen, in dem sie einerseits Bezüge herstellt zu terroristischen Gewaltakten und andererseits zu den morbiden und realitätsfernen Fantasien des Horror-Genres. Die Erzählung des Videos bezieht sich auf das Massaker in der Columbine High School 1999 in Littleton im US-Bundesstaat Colorado. Der Titel Hans und Grete ist entlehnt von Decknamen deutscher TerroristInnen in den 70er Jahren, auf die sich amerikanische SchülerInnen immer wieder bei ihren Taten berufen haben. Es verbindet somit zwei historische Ereignisse, die rund 30 Jahre auseinander liegen, und bricht diese durch die Bezugnahme auf Jugendkultur und Kult-Legenden auf. Es ist voller Anspielungen auf Subkulturen, von denen viele Jugendliche heute geprägt werden: Horrorfilme, Videospiele, Psychedelic Rock, Metal und Goth.
Das präzise strukturierte, mehrteilige Video verlässt sich auf die Monologe der vier ProtagonistInnen. Präsentiert wird es auf zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Leinwänden, die in eine Installation aus übergroßen Stofftieren auf pinkem, flauschigem Teppich eingebettet sind. Die BetrachterInnen, die sich hier niederlassen, werden hin und her gerissen zwischen der fiktiven Welt des künstlichen, kitschig-überladenen Jugendzimmers und der bedrückenden Realität der zeitgeschichtlichen Ereignisse.
Sue de Beer hat das Projekt Hans und Grete als Preisträgerin des Philip Morris Art Fellowship an der American Academy 2001/2002 in Berlin und Teilnehmerin in dem Internationalen Atelierprogramm des Künstlerhaus Bethanien entwickelt. Das zu dem Projekt erschienene Buch (dt./engl.) wird während der Ausstellung in den KW Institute for Contemporary Art erhältlich sein (58 Seiten, 15 Euro).
Kuratiert von Ellen Blumenstein
Die Ausstellung wird unterstützt von: Philip Morris Kunstförderung, American Academy Berlin, Mr. Michael Clifton, Gallery Postmasters, N.Y. und Tracey Williams.
Spezieller Dank geht an Gallery Sandroni.Rey