Susan Philipsz
Internationale

 

 

30. September – 28. November 00

 

nur Sonnabend, 30.09.2000, 17 - 21 Uhr
Unterführung Bahnhof Friedrichstraße unter der S-Bahnbrücke, die den S-Bahnhof Friedrichstraße mit dem Weidendamm verbindet

Die KW Institute of Contemporary Art haben die irische Künstlerin Susan Philipsz eingeladen, eine ihrer Performances erstmals in Berlin durchzuführen. Am Sonnabend dem 30. September, von 17 bis 21 Uhr, wird die Künstlerin in 10 minütigen Intervallen die Internationale acapella in der Unterführung des S-Bahnhofs Friedrichstraße / Weidendamm singen.

Für ihre Kunst zitiert Susan Philipsz Klänge, Melodien und Texte von allgemein bekannten Liedern und singt sie ohne jegliche Begleitung nach. „Meine Arbeiten befassen sich mit den räumlichen Eigenschaften von Tönen und mit der Beziehung zwischen Ton und Architektur. Ich interessiere mich für die sinnlichen und psychologischen Eigenschaften von Klängen und dafür, wie sie zur Veränderung des individuellen Bewußtsein benutzt werden können. Ich habe Klänge und Songs im öffentlichen Raum benutzt, um sie in die Geräusche des alltäglichen Lebens zu injizieren. In dem ich meine eigene Stimme benutze versuche ich, die Aufmerksamkeit der Zuhörer anzuregen und ihre Wahrnehmung ihrer eigenen Person an einem bestimmten Ort und Zeitpunkt vorübergehend zu verändern." (Susan Philipsz)

Susan Philipsz akkustische Interventionen an öffentlichen Orten, ob als Aufführung „life" vor Ort, gesungen oder als Aufnahme in einzelnen, versteckten Lautsprechern abgespielt, lassen die intimen Erfahrungen von Gemeinschaft auf beunruhigende Weise wiederaufleben. Die Lieder sind auf ihr absolutes Minimum reduziert und einfach und klar, mit einer merkwürdigen Melancholie gesungen. Es gibt Improvisationen, grobe Schwankungen in Höhe und Tonlage, sowie Pausen durch Momente, in denen die Künstlerin Atem holt. Philipsz Gesang schafft ein Bewußtsein für den besonderen zeitlichen Aspekt der Performance, für die Dauer eines Songs, seine stillen Momente, für die Länge der „leeren" Zeit nach dem Lied, bevor der Zuhörer wieder anfängt, die unmittelbare Umgebung wahrzunehmen. Jedes Lied kommt bekannt vor, aber man erinnert sich nicht, daß es so geklungen hat. Ob unmittelbar oder durch Anspielung, Philipsz Stimme entlockt dem Zuhörer vergangene Momente und persönliche Erinnerungen und projiziert diese in die Gegenwart.

Susan Philipsz Performance in Berlin basiert auf ihrer Sound-Installation anläßlich der Manifesta 3 in Ljubljana, wo sie in einer Unterführung die Internationale in zehn minütigen Abständen in Form einer Soundinstallation abspielen ließ. Die Internationale, einst der Kampfesaufruf der rebellierenden Massen weltweit, ist heute so gut wie vergessen. Philipsz melancholischer und eintöniger Gesang an diesem zentralen Ort, dem ehemals schwerbewachten, berüchtigten Grenzübergang in Berlin, wird Ausdruck des Kontrastes zwischen der einstigen Macht des Liedes und seiner heutigen Bedeutung.

Susan Philipsz wurde 1965 in Glasgow geboren. Ihre Performances und Sound-Installationen wurden u.a. in der Consortium Gallery in Amsterdam, in Old Museum Arts Centre in Belfast, in The New Works Gallery in Chicago und anläßlich der Melbourne International Biennial gezeigt. Susan Philipsz lebt und arbeitet in Dublin.