Voice Over #2
A performative gathering
26. Aug 2023, 11–22 Uhr
Ort: KW Institute for Contemporary Art
In englischer Sprache
Die Teilnahme ist kostenlos, für einige Teile des Programms ist eine Anmeldung erforderlich
Mit Effi & Amir, Brandon LaBelle, Sunny Pfalzer mit Lau Lukkarila und Slim Soledad, Public Movement, Netta Weiser mit Mădălina Dan und Agata Siniarska
Voice Over #2 ist eine eintägige performative Begegnung, die in der Zeit zwischen den Ausstellungen in den Offspaces der KW stattfindet. In diesen informellen Räumen, in denen sich das Öffentliche und das Private vermischen, sind die Künstler*innen ebenso Gäste wie Gastgeber*innen, die die Infrastruktur der Institution nutzen, um deren zwischenmenschliche, partizipatorische und performative Potenziale auszuschöpfen.
Voice Over untersucht, wie Sprache und Bewegung einerseits beschnitten werden, um Identitäten zu kategorisieren, und andererseits subversiv werden und Grenzen aufweichen können. Diese Grenzen sind Teil eines Systems, das darauf zielt, Stimmen zum Schweigen zu bringen und zu unterdrücken, die nicht an der Dichotomie von „wir“ und „sie“ festhalten möchten. Die Performances, Workshops, Filmvorführungen und Gespräche von Voice Over #2 untersuchen Formen der vokalen und choreografischen Identifikation und des Widerstands. Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf das Verhältnis von Sprechen, Schweigen und Körpersprache und geben damit der Spannung und dem Konflikt zwischen Objektivierung und Subjektivität eine konkrete Form.
Das Ziel der Künstler*innen ist es nicht, eine fertig ausgearbeitete Ausstellung zu präsentieren, sondern sie konzentrieren sich auf den Prozess und behandeln die Proben als das eigentliche Ereignis, bei dem sie das Publikum in eine Situation einbeziehen, die wie sich ändernde Identitäten ständig in Bewegung ist. In diesen Nichtperformances erweitern die Künstler*innen die Grenzen zwischen Körper und Stimme sowie zwischen dem Emotionalen und dem Sprachlichen; sie sprechen Choreografien, weinen über Politik, lachen angesichts der Geschichte und kriechen in die Zukunft. Gesehenes und Gesagtes – Stimmen, die nicht zu hören sind, Gesten, die das Schweigen begleiten – kommen in der engen Verknüpfung von Stimme und Körper zum Vorschein.
Kuratorin: Maayan Sheleff
Programm
10:30 Uhr
Einlass
Ort: Studio
11:00 Uhr
Begrüßung
Einführung durch die Kuratorin Maayan Sheleff
Ort: Studio
Keine Anmeldung erforderlich
Maayan Sheleff ist Doktorandin an der Curatorial Platform, der University of Reading (UK) und der ZHdk (CH). Sie erforscht den Einsatz der Stimme in partizipatorischen, performativen und politischen Praktiken im Zusammenhang mit den Protestbewegungen des letzten Jahrzehnts.
11:15–11:45 Uhr
Gespräch zwischen Brandon LaBelle und Maayan Sheleff
Ort: Studio
Keine Anmeldung erforderlich
12–17 Uhr
Lecture Performance
The Third Voice
Von Brandon LaBelle
Ort: 3. Stock
Keine Anmeldung erforderlich
12–14 Uhr Mapping the Third, 3. Stock
14–15 Uhr Listening Session: Audiokuration ausgewählter Werke, 3. Stock
15–17 Uhr Die Stimme des Dritten, 3. Stock
In ihrem Buch Beyond Doer and Done To plädiert die Autorin und Psychoanalytikerin Jessica Benjamin für stärker intersubjektive Methoden in der Therapie – Methoden, bei denen sich die Analyse aus einem Prozess der gemeinschaftlichen Schöpfung, der gegenseitigen Anerkennung und der gemeinsamen Transformation entwickelt. Als materielle, psychologische und soziale Figur, die bei Brüchen und Reparaturprozessen nützlich sein kann, führt sie den Begriff des Dritten ein. Der performative Vortrag schließt an Benjamins Ausführungen an und fragt, auf welche Weise Ideen eines Dritten Konzeptualisierungen und Inszenierungen von Stimme in und als Intersubjektivität und Relationalität beeinflussen. Der performative Dauervortrag schafft einen Raum des Sprechens und Zuhörens, der sich einer spekulativen Lektüre Benjamins öffnet und die Frage aufwirft, inwiefern wir heute eine neue poetische, intersubjektive Kultur der Stimme befördern können.
11:45 Uhr
Screening und Q&A
By The Throat (2021, 78 min)
Von Effi & Amir
Ort: Studio
Anmeldung via reservation@kw-berlin.de
Der preisgekrönte Film By The Throat erforscht die unsichtbare Grenze unserer Mundhöhle, die die von uns hervorgebrachten Laute und ausgesprochenen Wörter prägt und bestimmt. Der Film, der sich zwischen den Gebieten des Klangs, der Anatomie und der Politik bewegt, kombiniert Testimonials, gefundenes Filmmaterial und wissenschaftliche Bilder. Er untersucht die Macht der Stimme, die Rolle, die der Mund als eine Art persönlicher, mobiler Kontrollpunkt spielt, und wie Sprache und Aussprache zur Kategorisierung und Kontrolle eingesetzt werden.
13:30 Uhr
Mittagspause
14:30 Uhr
Performance
I Know What to Do (2022, 45 min)
Von Sunny Pfalzer in Zusammenarbeit mit Lau Lukkarila und Slim Soledad
Musik von Marshall Vincent
Ort: Innenhof
Keine Anmeldung erforderlich
I know what to do reflektiert die Gefühle eines Teenagers, der vor einem Spiegel posiert, Bewegungen aus Musikvideos zu lernen versucht und auf der Suche nach einer glaubwürdigen materiellen Erweiterung seiner selbst herumexperimentiert. Indem die Performer*innen Bewegungen aus der zeitgenössischen Schlagermusik durch Wiederholung und Aneignung interpretieren, unterstützen sie sich gegenseitig bei der Erweiterung der eigenen Identitätsvorstellungen, die alleine enorm schwer zu leisten ist.
Fortlaufend im Café Bravo: Videoinstallation I Know What to do (2022, 17 Min., in Endlosschleife)
Video und Schnitt von Laura Nitsch
16 Uhr
Partizipativer Vortrag
The 8th Letter (2023, 60 min)
Von Effi & Amir
Ort: Studio
Anmeldung via reservation@kw-berlin.de
Der Vortrag befasst sich mit dem prekären Bereich des Stimmapparats, indem er pädagogische, sensorische und poetische Aspekte miteinander verknüpft. Der achte Buchstabe des Alphabets („H“) bildete den Ausgangspunkt für die Recherchen der Künstler*innen über den antiken und zeitgenössischen Umgang mit dem „Schibboleth“, einer sprachlichen Besonderheit, anhand derer die Gruppenzugehörigkeit einer Person bestimmt wird. Techniken zur Erkennung von Dialekten wie Sprachtests in Asylverfahren tragen dazu bei, eine binäre Logik zu verstärken. Der Vortrag bezieht die Stimmen der Teilnehmenden und Performer*innen mit ein und nimmt damit die Frage der Identifizierung und Kategorisierung auf greifbare und erlebbare Weise in den Blick.
17:15 Uhr
Radio-Choreography: Voices from the Verge (2023, 75 min)
Von Netta Weiser mit Mădălina Dan, Brandon LaBelle, Agata Siniarska.
Ort: Pogo Bar
Anmeldung via reservation@kw-berlin.de
Radio-Choreography untersucht die verschiedenen Möglichkeiten der Übertragung von Tanz im Radio. Indem sie choreografische Verfahren in Klang und Stimme umwandelt, verbindet die Performance eine Reihe von Tanzaufführungen, die von Choreografinnen in Widerstands- und Migrationskontexten realisiert wurden. Zu hören sein wird die akustische Umsetzung einer Tanzperformance der libanesischen Choreografin Dominique Tegho, die während der Proteste im Jahr 2019 in Beirut stattfand, ein Archivinterview mit Valeska Gert, einer in Berlin geborenen Choreografin und Performerin (1892–1978), deren groteske Choreografien sich gegen die bürgerliche Kultur richteten, sowie Mothers of Steel, in dem die Choreografinnen Dan und Siniarska beim Betrauern der emotionalen Identifikation mit ihren Heimatländern Polen und Rumänien das Weinen wiederentdecken. In dieser für die KW entwickelten Fassung von Radio-Choreography wird die Pogo Bar zu einer temporären Radiostation, die live auf reboot.fm sendet.
Die Performance findet in Zusammenarbeit mit reboot.fm statt
19–22 Uhr
Drinks und Musik im Innenhof
DJ Set von Marshall Vincent
Ort: Innenhof
Keine Anmeldung erforderlich
10–19 Uhr fortlaufend
Debriefing Session: KW
Von Public Movement
Ort: Wird bei der Anmeldung bekannt gegeben.
Anmeldung via reservation@kw-berlin.de
Jede Sitzung ist ein Einzelgespräch und dauert 30 Minuten.
Debriefing Session ist ein Einzelgespräch mit einer*m Public-Movement-Agent*in, das in einem geheimen Raum in den KW Berlin stattfindet. Bei dieser vertraulichen Begegnung erläutert die*der Agent*in die Recherchen von Public Movement über die vor 1948 in Palästina entstandene moderne Kunst, deren Abwesenheit im israelischen Narrativ und ihren Status in der palästinensischen Diaspora. Indem die Teilnehmer*innen Begriffe wie Normalisierung, institutionelles Gedächtnis und nationale Identität ausloten, nutzen sie Kunst als Werkzeug zur Produktion von Ideologie und werfen Fragen zu Wissen, Aneignung und Verantwortung auf. Debriefing Session imaginiert eine bürgerliche Stimme, ein Flüstern der Geschichte, das die Zuhörer*innen zu Vermittler*innen von Informationen macht.
Leiterin von Public Movement: Dana Yahalomi
Vertreter von Public Movement: Nir Shauloff
Forschungsleiterin: Hagar Ophir
Forschungs-Assistenz: Teresa Millich (Berlin)
Unterstützt von Artis und dem Goethe-Institut Israel
Die erste Version von Voice Over war eine Ausstellung im Bonnefanten Museum, Maastricht, Niederlande (Oktober 2020 – Januar 2021). Mit Werken von Basel Abbas und Ruanne Abou-Rhame, Lawrence Abu Hamdan, Yusra Abo Kaf, Effi & Amir, Shilpa Gupta, Domenico Mangano & Marieke van Rooy, Amir Yatziv und Katarina Zdjelar, kuratiert von Maayan Sheleff.