Vorträge von Bruno Latour und Chantal Mouffe

 

 

9. Oktober 09

 

19 Uhr

Die Neuen Auftraggeber:
Vorschlag für eine Kunst der Zivilgesellschaft

Bruno Latour: From Iconoclasm to Compositionism
Chantal Mouffe: Agonistic Politics and Artistic Practices

Im Anschluss Diskussion mit Joost Declercq und Barbara Steiner, moderiert von Alexander Koch.

Veranstaltung in Englisch | Eintritt frei

Das europäische Programm New Patrons / Neue Auftraggeber schlägt ein neues Organisationsmodell für künstlerische Produktion vor.

Zwischen konkretem zivilgesellschaftlichen Anliegen und künstlerischer Produktion besteht häufig ein starker Vermittlungsbedarf. Zeitgenössische Kunst öffnet den Horizont für aktuelle Themen und gesellschaftliche Belange. Kunstprojekte im öffentlichen Raum werden allzu oft nur als Dienstleistung konsumiert, Kunst bietet jedoch die Möglichkeit, Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Die europäische Plattform Neue Auftraggeber bietet Privatpersonen und Interessengruppen die nötigen Strukturen, um öffentliche Kunstprojekte in eigener Verantwortung zu initiieren und durchzuführen. Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft werden zu AuftraggeberInnen der Projekte. Mit Unterstützung von KuratorInnen, die als VermittlerInnen auftreten, wurden auf diese Weise seit 1993 mehr als 200 künstlerische Produktionen in ganz Europa umgesetzt. Seit 2009 gibt es in Deutschland insgesamt sechs Anlaufstellen für die Neuen Auftraggeber. Die VermittlerInnen Inke Arns (Hartware MedienKunstVerein, Dortmund), Gerrit Gohlke (Brandenburgischer Kunstverein, Potsdam), Nina Möntmann (in Kooperation mit den Deichtorhallen, Hamburg), Frank Motz (ACC Galerie Weimar), Barbara Steiner (Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig) und Axel John Wieder (Künstlerhaus Stuttgart) sind AnsprechpartnerInnen vor Ort. Sie stehen in ständigem Austausch untereinander sowie mit dem Initiativ-Verein Neue Auftraggeber in Berlin und sind Teil des europäischen Netzwerks New Patrons.

Inwiefern kann zeitgenössische Kunst ein Weg sein, einzelne Themen an die Öffentlichkeit zu bringen? Können künstlerische Arbeiten gesellschaftliche Interessen und Konflikte sichtbar machen? Die Vorträge des Pariser Philosophen Bruno Latour und der Londoner Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe diskutieren mögliche Wirkungsfelder der Kunst.
In der anschließenden Diskussion untersuchen Joost Declercq (New Patrons, Belgien) und Barbara Steiner (Neue Auftraggeber, Deutschland) den Gestaltungsspielraum, der im gemeinsamen Agieren von KünstlerInnen, VermittlerInnen und ihren AuftraggeberInnen liegen könnte.

Eine Veranstaltung des Vereins Neue Auftraggeber in Kooperation mit den KW Institute for Contemporary Art.

Weitere Informationen: www.newpatrons.eu

Das Programm Neue Auftraggeber wird gefördert durch die Fondation de France und die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
2010 ist die Bundeszentrale für politische Bildung Kooperationspartner.

Bruno Latour, geboren 1947 in Beaune, Burgund, studierte Philosophie und Anthropologie und promovierte 1975 an der Universität Tours. Gemeinsam mit anderen SoziologInnen, vor allem Michel Callon und John Law, entwickelte er die Akteur-Netzwerk-Theorie, die sich mit der Bedeutung und den Folgen von Wissenschaft und Technologie für die menschliche Gesellschaft auseinandersetzt. Von 1982 bis 2006 war er Professor für Soziologie am Centre de l’Innovation der Ecole nationale supérieure de mine in Paris und hatte darüber hinaus Gastprofessuren an der University of California San Diego, der London School of Economics und am historischen Seminar der Harvard University inne. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit im engeren Sinne kuratierte er zusammen mit Peter Weibel die Ausstellungen Iconoclash (2002) und Making Things Public (2005) am ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Seit Juni 2007 ist Bruno Latour Professor am Sciences Politiques Paris und dem Centre de Sociologie des Organisations.
Publikationen (Auswahl): Iconoclash. Gibt es eine Welt jenseits des Bilderkrieges? (2002), Von der Realpolitik zur Dingpolitik oder Wie man Dinge öffentlich macht (2005), Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie (2007), Elend der Kritik. Vom Krieg um Fakten zu Dingen von Belang (2007).

Chantal Mouffe, geboren 1943 in Charleroi (Belgien), studierte an den Universitäten von Löwen, Paris und Essex. Sie ist Politikwissenschaftlerin und Professorin für Politische Theorie am Centre for the Study of Democracy an der University of Westminster in London. Mouffe unterrichtete an vielen Universitäten in Europa, Nord- und Lateinamerika und forschte an den Universitäten von Harvard und Cornell sowie an der University of California, dem Institute for Advanced Study in Princeton und dem Centre National de la Recherche Scientifique in Paris. Von 1989 bis 1995 war sie Programmdirektorin des Collège International de Philosophie in Paris.
Gemeinsam mit Ernesto Laclau hat sie Hegemonie und radikale Demokratie: Zur Dekonstruktion des Marxismus (2006) herausgegeben, in dem sie unter anderem die Idee einer Radikalen Demokratie vertritt.
Weitere Veröffentlichungen: Gramsci und marxistischer Theorie (1979), Dimensions of Radical Democracy. Pluralism, Citizenship, Community (1992), The Return of the Political (1993), Dekonstruktion und Pragmatismus (1999), The Challenge of Carl Schmitt (1999), The Democratic Paradox (2000), Über das Politische (2007).