Kuratorische Einführung
BPA// Exhibition 2022
3. Dezember 22 – 15. Januar 23

 

Künstler*innen: Orawan Arunrak, Benjamin Busch, Dina El Kaisy Friemuth, Sarah Friend, Julian Irlinger, Paul Kolling, Shirin Mohammad, Nnenna Onuoha, Tang Han und Ernie Wang

 

<p>Orawan Arunrak, <em>Bacadi</em>, 2022, Zeichnung. Courtesy die Künstlerin</p>

Orawan Arunrak, Bacadi, 2022, Zeichnung. Courtesy die Künstlerin

 

Die KW Institute for Contemporary Art und das BPA// Berlin program for artists freuen sich, gemeinsam die BPA// Exhibition 2022 zu präsentieren. In der Ausstellung sind Arbeiten von zehn Künstler*innen zu sehen, die im Laufe ihrer zweijährigen Teilnahme an dem Programm entstanden sind. Sie erstreckt sich über zwei Etagen des Vorderhauses der KW und wird im Innenhof mit einer Fensterinstallation von Dina El Kaisy Friemuth fortgesetzt.

 

Die gezeigten Positionen lassen sich einzeln rezipieren, weisen aber auch thematische Querbezüge auf. Viele der Künstler*innen – Arunrak, Busch, El Kaisy Friemuth, Mohammad, Onuoha und Tang – teilen das Interesse an den Funktionsweisen des individuellen, kollektiven und öffentlichen Gedächtnisses. Auf ihre je eigene Weise und im Kontext unterschiedlicher Diskurse erkunden und hinterfragen sie, wie Momente und Ereignisse erinnert und in die Geschichte eingeschrieben werden. Dabei versuchen sie, übergangene Perspektiven und Narrative greifbar zu machen.

 

Friend, Irlinger, Kolling und Wang kritisieren die sozialen, kapitalistischen und politischen Mechanismen, die in den Routinen und Infrastrukturen unserer Lebens- und Arbeitswelt wirksam werden. In ihrer Auseinandersetzung mit Objekten spielen Friend und Wang mit Vorstellungen des Obsoleten und des Lebendigen und fordern so die Ordnung der Dinge heraus. Kolling zeigt zudem auf, wie sich Bedeutungen im Laufe von vier Jahrzehnten verschieben können, während Tang die gleiche Betrachtung für einen Zeitraum von 200 Millionen Jahren unternimmt.

 

Die Ausstellung wird von einem Band mit Essays begleitet, für die die Künstler*innen jeweils eine*n Autor*in eingeladen haben, um über ihre künstlerische Praxis und Arbeit zu reflektieren. Der Band ist im Bookshop der KW erhältlich. Bei Führungen und in einer Pogo Bar-Veranstaltung bietet das öffentliche Programm Besucher*innen die Möglichkeit, tiefer in die vorgestellten Positionen einzutauchen.

 

Die Partnerschaft der KW Institute for Contemporary Art und des BPA// Berlin program for artists besteht seit 2020. BPA// ist eine von Künstler*innen geführte Organisation. Sie wurde 2016 von Angela Bulloch, Simon Denny und Willem de Rooij gegründet. Im Mittelpunkt des Programms stehen gegenseitige Studiobesuche der Teilnehmer*innen und Mentor*innen. Außerdem finden im Rahmen des Programms öffentliche Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit von Künstler*innen betriebenen Projekträumen und renommierten Institutionen statt. Die Teilnahme an dem zweijährigen Programm ist kostenlos und beinhaltet die Unterstützung der Produktion neuer Arbeiten.

 

 

Ausstellungsräume Erdgeschoss

 
<p>Shirin Mohammad, <em>A house then, a museum now, chapter one: wind of 120 days</em>, 2019, Videostill von 3 Channel Video <em>Asbestos factory town</em>. Courtesy die Künstlerin</p>

Shirin Mohammad, A house then, a museum now, chapter one: wind of 120 days, 2019, Videostill von 3 Channel Video Asbestos factory town. Courtesy die Künstlerin

 

Shirin Mohammad (geb. 1992, IR)

A house then, a museum now, chapter one: wind of 120 days, 2019/22

Multimedia-Installation

Courtesy die Künstlerin 

 

Asbestos factory town, 2019

Dreikanal-Video

11:30 Minuten

 

Green columns, 2019

Säule, Green-Screen-Farbe

 

Citrullus colocynth, 2019

Kühlschrank, Koloquinte (Wüstenpflanze), Sand

 

Direct sound No.1, 2019

Soundstück Antarctica von Lawrence English veröffentlicht von Taiga auf AsTaiga29 LP

19:16 Minuten

 

Shirin Mohammads multimediale Installation A house then, a museum now, chapter one: wind of 120 days ist aus einer Recherche der Künstlerin über Exilgebiete im Iran hervorgegangen. Es ist ein Porträt einer verlassenen Asbestfabrik aus den 1980er Jahren, der zwischen den beiden Städten Nehbandan (Provinz Süd-Chorasan) und Zabol (Provinz Sistan und Baluchestan) liegt. Der Komplex liegt in einer Wüstenklimazone und ist dem „Wind der 120 Tage“ ausgesetzt. Dieser vier Monate andauernde Sommerwind beeinträchtigt das Leben in der Region stark und führt zu Sandstürmen und Dürreperioden. Einst galt die heute menschenleere Stadt als Versprechen für Arbeit und Einkommen. Die Arbeiter*innen aus dieser und anderen Regionen zogen höchstwahrscheinlich dorthin, ohne zu wissen, welche gefährlichen Folgen die Asbestbelastung für sie haben würde. Neben der verfallenen Fabrikstadt rückt Mohammad auch die harten wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Belutsch*innen leiden, sowie die zahlreichen ethnischen, religiösen und sprachlichen Diskriminierungen in den Fokus, die ihnen auferlegt werden und zu einem anhaltenden gewaltsamen ethnischen Konflikt geführt haben.

 

Shirin Mohammad arbeitet in Berlin und Teheran. 2021 absolvierte sie ihren Master an der Hochschule für Künste in Bremen. Sie stellte zuletzt in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst in Bremen, der ACUD Gallery in Berlin, der Saatchi Gallery in London, der O Gallery in Teheran und dem MoCP Museum of Contemporary Photography in Chicago aus. Ihre zweite Einzelausstellung eröffnet im Frühjahr 2023 im Künstlerhaus Bremen.

 

<p>Ernie Wang, <em>Ohne Titel (Ark)</em>, 2021, Keramik. Courtesy die Künstlerin</p>

Ernie Wang, Ohne Titel (Ark), 2021, Keramik. Courtesy die Künstlerin

 

Ernie Wang (geb. 1993, TW)

Where Dreams Come True… But You Got Away, 2022 

Installation, verschiedene Materialien

 

In Ernie Wangs Arbeit Where Dreams Come True… But You Got Away trifft die Kunstfertigkeit seines Keramikhandwerks auf die prachtvolle Form eines barocken Kronleuchters. Die Installation bringt Fantasy-Elemente mit Objekten zusammen, die mit Krieg, Sex und Eskapismus assoziiert sind, um die Dilemmata einer oft von Frustrationserfahrungen geprägten Gegenwart zu beleuchten. Der Künstler hat sich dafür von Computerspielen, Themenparks und den Infrastrukturen der Berliner Sexclubs inspirieren lassen. Interieurs und Ephemera daraus hat er in den keramischen Mikrokosmos eines Zuckerguss-Schlosses eingefügt. Ausgestattet mit unzähligen Wegen, Leitern, Toren und einem Wassergraben ist darin ein gleichermaßen utopischer wie dystopischer Kosmos entstanden, den Wang mit Fragen zum Obsoleten und Belebten, zu Inklusion und Exklusivität, Zugänglichkeit und Unzugänglichkeit und dem Müßiggang, wenn nicht gar Eskapismus konfrontiert.

 

Ernie Wang schloss seinen Bachelor an der Slade School of Fine Art in London ab. Mehrere seiner Arbeiten wurden von der Bundeskunstsammlung angekauft. 2023 nimmt er an dem Projekt „The Educational Web“ im Kunstverein in Hamburg teil.

 

<p>Dina El Kaisy Friemuth, <em>KA</em>, 2021, Filmstill. Courtesy die Künstlerin. Kinematographie: Diara Sow</p>

Dina El Kaisy Friemuth, KA, 2021, Filmstill. Courtesy die Künstlerin. Kinematographie: Diara Sow

 

Dina El Kaisy Friemuth (geb. 1988, DE)

KA, 2021

HD-Video, Loop, Ton

4:43 Minuten

 

(Fenster Café Bravo)

SOUL, 2022 
Fensterfolie

 

Mit ihrer künstlerischen Praxis schafft Dina El Kaisy Friemuth dialogische Umgebungen, die sich mit der Komplexität von Kollektivität und Zugehörigkeit auseinandersetzen. In KA (2021) lassen Erzählungen von El Kaisy Friemuths Mutter die Geschichten ägyptischer Artefakte aufleben, die sich im Neuen Museum in Berlin befinden und während der Kolonialzeit gestohlen wurden. Mit einer Installation in den großen Fenstern des Café Bravo, die Texte von Duygu Ağal und María Berríos enthält, setzt El Kaisy Friemuth ihre Erkundungen mit Fragen nach den prekären Grenzen zwischen Erzähltem und nicht Erzähltem, Innen und Außen, Zentrum und Rändern fort.

 

Dina El Kaisy Friemuth hat Masterstudiengänge an der Royal Danish Academy of Fine Arts (Kopenhagen) und der Universität der Künste Berlin absolviert. Seit 2016 arbeitet El Kaisy Friemuth als Teil des Künstler*innenkollektivs FCNN (Feminist Collective With No Name). Zuletzt stellte sie im O-Overgaden Institute for Contemporary Art in Kopenhagen, im Gasworks in London, auf der 11. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst und bei 1-1 in Basel aus. 2021 nahm sie an INTRO teil, einem Förderprogramm von O-Overgaden für junge Künstler*innen. 2021/22 wurde El Kaisy Friemuth mit dem Förderpreis der M1 Arthur Boskamp Stiftung ausgezeichnet.

 

<p>Sarah Friend, <em>Terraforming</em>, 2022, Ausstellungsansicht „Terraforming“ bei Nagel Draxler Crypto Kiosk, Berlin, 2022. Courtesy die Künstlerin und Galerie Nagel Draxler Berlin/ Köln/ München. Foto: Simon Vogel</p>

Sarah Friend, Terraforming, 2022, Ausstellungsansicht „Terraforming“ bei Nagel Draxler Crypto Kiosk, Berlin, 2022. Courtesy die Künstlerin und Galerie Nagel Draxler Berlin/ Köln/ München. Foto: Simon Vogel

 

Sarah Friend (geb. 1988, CA)

Counterfactuals, 2022

Luftfilter, Ethernetkabel, Hardware, Tinte auf Karton

Maße variabel

 

Exit, 2022

Computerlüfter, Plexiglas, extrudiertes Aluminium, Hardware

 

Sarah Friends jüngste Arbeiten setzen sich mit der physischen Infrastruktur der Datenverarbeitung auseinander. Sie hebt darin deren materielle Dimension hervor, die in der online genannten immateriellen Dimension häufig ausgeblendet wird. Zu einer Serie von Skulpturen arrangierte Kabel, Kabelgehäuse, Luftfilterplatten und anderes Abfallmaterial aus einem lokalen Rechenzentrum machen die der Online-Sphäre zugrundeliegende Maschinerie sowie die notwendig mit dem Apparat verbundene menschliche Arbeit sichtbar. Friend zeigt Kabel als Verbindungen herstellende Nervensysteme und Computer und Rechenzentren als Körper, die einatmen, ausatmen, pulsieren, sich erwärmen und abkühlen und nie ganz still sind.

 

Sarah Friend ist Künstlerin und Softwareentwicklerin und derzeit Gastprofessorin für Blockchain-Kunst bei The Cooper Union. Zuletzt waren ihre Einzelausstellungen „Off: Endgame“ (kuratiert von Rhizome, Refraction und Fingerprints) in der Public Works Administration in New York und „Terraforming“ in der Galerie Nagel Draxler in Berlin zu sehen.

 

<p>Nnenna Onuoha, <em>Santa-Isabel airport. Arrival of the first foreign civilians from Biafra.</em>, 1968. Courtesy die Künstlerin. Foto: Max Vaterlaus</p>

Nnenna Onuoha, Santa-Isabel airport. Arrival of the first foreign civilians from Biafra., 1968. Courtesy die Künstlerin. Foto: Max Vaterlaus

 

Nnenna Onuoha (geb. 1993, NG)

Baby Picture, 2022 

Zweikanal-Video mit Ton

12:00 Minuten

 

Mit Baby Picture stellt Nnenna Onuoha den Arbeitstand eines Projekts vor, für das sie Dokumente aus den Archiven humanitärer Hilfsorganisationen untersucht. Sie sind an die Stelle von Familien- und Kindheitsfotos gerückt, die in den privaten Fotoalben einer ganzen Generation Südostnigerianer*innen kaum oder gar nicht vorhanden sind. Im Gespräch mit älteren Menschen, die während des Biafra-Krieges Kinder waren, setzt sich Onuoha mit Fragen auseinander, die diese Bilder aufwerfen:: Sollten wir sie zensieren, weil sie afrikanische Kinder vor dem westlichen Publikum erniedrigen? Oder müssen wir sie zeigen, um Zeugnis eines kollektiven Leidens abzulegen, das von der nigerianischen Regierung in der Folge des Krieges nie wirklich aufgearbeitet wurde?

 

Nnenna Onuoha ist eine ghanaisch-nigerianische Forscherin und Künstlerin. Sie hat in Berlin bei alpha nova & galerie futura, im Brücke-Museum und in der Galerie im Turm ausgestellt, wo sie im Dezember 2022 ihre erste Einzelausstellung eröffnete. Nnenna ist derzeit Promotionsstudentin im Fach Media Anthropolgy an der Harvard University und der Globalgeschichte an der Universität Potsdam.

 

<p>Tang Han, <em>Ginkgo and Other Times</em>, 2022. Courtesy die Künstlerin</p>

Tang Han, Ginkgo and Other Times, 2022. Courtesy die Künstlerin

 

Tang Han (geb. 1989, CN)

Ginkgo and Other Times, 2022

4K-Film, Farbe, Ton

15:00 Minuten

 

Miss Ginkgo: Chapter 1, 2021

Einkanal-Video, Farbe, Ton

4:37 Minuten

 

Miss Ginkgo: Chapter 2, 2022

Einkanal-Video, Farbe, Ton

6:13 Minuten

 

In ihren jüngsten Arbeiten beschäftigt sich Tang Han mit dem Ginkgo bilboa – einem lebenden Fossil, das 200 Millionen Jahre alt ist, – und seiner Nuss. Der Ginkgobaum ist zweihäusig: Er besitzt weibliche und männliche Fortpflanzungsorgane. Bis zur Geschlechtsreife sind die Bäume äußerlich praktisch nicht voneinander zu unterscheiden. Die Früchte, die in den 1990er Jahren in China ein beliebtes Nahrungsergänzungsmittel waren, kann nur das weibliche Geschlecht tragen. Heute ist der Ginkgo jedoch nicht mehr als ein in die Stadt eingefügter Straßenbaum, denn Stadtplaner*innen entscheiden sich aufgrund seiner hervorragenden Anpassungsfähigkeit an verschiedene Klimazonen und seiner Resistenz gegen Umweltverschmutzung und Schädlinge gerne für ihn. Tang Han beleuchtet die sich verändernden Bedeutungen dieses Baumes, der so unterschiedliche Zeitlichkeiten durchlebt hat.

 

Tang Han schloss 2019 ihren Master an der Universität der Künste Berlin ab. Ihre Arbeiten wurden in Ausstellungen im Kunsthaus Dresden (2021), bei OCAT Shenzhen (2020) und im HOW Art Museum in Shanghai (2020) gezeigt und waren auf Filmfestivals zu sehen, darunter dem Montréal International Festival of Films on Art (2022), Taiwan International Documentary Festival (2022), DOK Leipzig (2021), Kasseler Dokfest (2021) und Image Forum Festival, Tokio (2020).

 

 

Ausstellungsräume Studio

 
<p>Paul Kolling, <em>Strukturversagen, </em>Versetzte Thermaldruckplatten<em>,</em> 2022. Courtesy der Künstler. Foto: Fred Dott</p>

Paul Kolling, Strukturversagen, Versetzte Thermaldruckplatten, 2022. Courtesy der Künstler. Foto: Fred Dott

 

Paul Kolling (geb. 1993, DE)

SVS Detail 14a EG, 2022 

MDF, Schrauben, Klebstoff

 

SVS +45.000, 2022
Offset-Thermodruckplatten, MDF, Klemmschrauben

 

r133 cover, 2022
Faksimile, Polyesterzeichenfolie, Acrylglas, montiert auf Aluminium

 

r133 32–33, 36–37, 2022
Faksimile, Polyesterzeichenfolie, Acrylglas, montiert auf Aluminium

 

Paul Kollings Arbeit Strukturversagen versammelt wechselnde und divergierende Perspektiven auf die Energieinfrastruktur in Deutschland und deren Wahrnehmung im öffentlichen und politischen Raum. Die im Maßstab 1:1 nachgebaute, in den Ausstellungsraum ragende Holzskulptur basiert auf Plänen und Schemata für Strommasten. Sie wird von Ausgaben der anarchistischen Zeitschrift radikal und einem vergrößerten Bild daraus begleitet. In einer Aktion gegen die fortwährende Lieferung von Atomstrom nach der Kernschmelze von Tschernobyl im Jahr 1986 Jahren rief radikal seine Leser*innen zur Sabotage von Stromnetzen auf. Der deutsche Staat verbot die Untergrundzeitschrift daraufhin und erstattete Anzeige gegen sie wegen Aufruf zur Bildung terroristischer Vereinigungen. Die unternommene Zensur unterstreicht die unterschiedlichen Positionen von Energieerzeugern und -versorgern, von Staat und Bürger*innen und verdeutlicht, in welchem Maße staatliche Ideologien in unser Leben eindringen können.

 

Paul Kolling schloss 2020 sein Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg ab. Er stellte zuletzt auf der 58. Carnegie International in Pittsburgh aus, in der Kunsthalle Zürich, im Kunstverein in Hamburg, im CAFA Art Museum in Peking und im Canadian Centre for Architecture in Montréal aus. Im Jahr 2022 wurde er mit dem ars viva-Preis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet.

 

<p>Julian Irlinger, <em>Ohne Titel</em>, 2022, Produktionsstill.</p>

Julian Irlinger, Ohne Titel, 2022, Produktionsstill.

 

Julian Irlinger (geb. 1988, CA)

Schweinfurt, 2022

Digitale Diashow auf drei Screens

15:00 Minuten

 

Im Mittelpunkt von Julian Irlingers neuer Fotoserie steht die Mikroerzählung einer traditionellen Familienmetzgerei. Mit der Kamera fängt er die Details der täglichen Aktivitäten der Familienmitglieder aus drei Generationen ein und folgt ihnen über mehrere Monate hinweg durch den Laden, die Küche, die Auslieferungs- und Privaträume. Häufig entstehen so intime Nahaufnahmen, die neben der repetitiven Produktionsweise des Unternehmens auch die soziale Dimension einfangen. Als Triptychon präsentiert, ahmt das Intervall der Bildsequenzen den Rhythmus des schnelllebigen Arbeitsalltags nach. Die Vielzahl der künstlerischen Fotografien, aber auch die starren Routinen, die Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung gewährleisten sollen, heben den Zwang zur Produktivität im Kapitalismus hervor. 

 

Julian Irlinger studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und an der Städelschule, Frankfurt am Main. Er nahm am Whitney Independent Study Program in New York teil. Zuletzt stellte er im Dortmunder Kunstverein und in der Galerie Wedding in Berlin aus. Im November 2022 eröffnete seine Einzelausstellung „Gift“ im Wende Museum in Los Angeles.

 

<p>Orawan Arunrak, <em>Bacadi</em>, 2022, Zeichnung. Courtesy die Künstlerin</p>

Orawan Arunrak, Bacadi, 2022, Zeichnung. Courtesy die Künstlerin

 

Orawan Arunrak (geb. 1985, TH)

After This…, 2021–2022

Installation, verschiedene Materialien

 

Orawan Arunrak verwendet gewöhnliche Gegenstände und einfache Medien, um mit Erwartungen und der Wahrnehmung von Vertrautem und weniger Vertrautem in Bezug auf unsere Umgebung zu spielen. Zeichnungen auf Snacktellern zeigen Landschaften alltäglicher Orte. Arunraks große Gemälde scheinen auf den ersten Blick wie leer. Bei näherem Hinsehen werden die Konturen von Miniaturzeichnungen sichtbar. Sie erinnern an braune Straßenschilder nahegelegener und doch unsichtbarer touristischer oder historischer Stätten, verweisen aber auf Orte des täglichen Lebens. Karten mit einzelnen Sätzen und Wörtern auf Thai, Englisch und Deutsch, die auf Arunraks Beobachtungen dieser Landschaften basieren, begleiten die Installation. Wie eine assoziative Landkarte ermöglichen sie es, die Bilder und Wörter frei miteinander zu verbinden und kleinere Erzählungen in größere einzubetten, die mit den Erfahrungen der Besucher*innen in Verbindung stehen.

 

Orawan Arunrak lebt und arbeitet zwischen Bangkok und Berlin. In ihrer Arbeit sucht sie den Dialog mit den Menschen vor Ort, um Räume innerhalb und außerhalb der Kunst miteinander zu verbinden. Ihre Werke wurden in den Gruppenausstellungen „Nation, Narration, Narcosis“ im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin (2021) und „Ghost 2565: Live Without Dead Time“ in Bangkok (2022) gezeigt. Im Jahr 2023 nimmt sie an einer Gruppenausstellung im Kunstverein in Hamburg teil.

 

 

 

<p>Benjamin Busch, <em>Ohne Titel (Disco Scanner)</em>, 2021, Vertikales Video präsentiert als Teil der räumlichen Einstellung für die künstlerische VR Erfahrung <em>Scanning the Horizon: An Immersive Archive</em>. Courtesy der Künstler</p>

Benjamin Busch, Ohne Titel (Disco Scanner), 2021, Vertikales Video präsentiert als Teil der räumlichen Einstellung für die künstlerische VR Erfahrung Scanning the Horizon: An Immersive Archive. Courtesy der Künstler

 

Benjamin Busch (geb. 1987, US)

Scanning the Horizon: An Immersive Archive, 2022

Interaktive VR, Dauer variabel

 

In seinem mehrteiligen Kunstprojekt Scanning the Horizon: An Immersive Archive (2022) kartiert Benjamin Busch wichtige Räume queerer Communitys in Berlin. Seit 2021 hat er 30 solcher Orte aufgesucht und sie digital mit der räumlichen Lasertechnologie LiDAR gescannt. Field Recordings und Audio-Interviews mit den Betreiber*innen ergänzen die dreidimensionalen, aus Punktwolken zusammengesetzten Virtual-Reality-Maps legendärer Bars wie Ficken 3000, der Partyreihe Gayhane im SO36 oder von Kultureinrichtungen wie BEGiNE und dem Sonntags-Club, um auf die vielen mit diesen Räumen verbundenen aber nicht erzählten Geschichten hinzuweisen.

 

Nach seiner Ausbildung als Architekt absolvierte Benjamin Busch bis 2017 den Masterstudiengang „Raumstrategien“ an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. In seiner eigenen künstlerischen Praxis und in Kollektiven setzt er sich mit der sozialen Produktion von Raum auseinander. Von 2018 bis 2022 war er Co-Leiter des Kollektivprojekts „The Institute for Endotic Research“. Zuletzt war er Teilnehmer des 39. Kasseler Dokfest. 2023 stellt er im Kunstverein in Hamburg aus.

 

Impressum

Kurator: Léon Kruijswijk

Assistenzkuratorin: Anna-Lisa Scherfose

Produktionsleitung: Claire Spilker

Technische Leitung: Wilken Schade

Leitung Aufbauteam, Medientechnik: Markus Krieger

Aufbauteam: KW Aufbauteam

Registrarin: Monika Grzymislawska

Assistenzregistrarin: Carlotta Gonindard Liebe

Bildung und Vermittlung: Laura Hummernbrum  

Programmkoordination & Outreach: Nikolas Brummer

Presse und Kommunikation: Marie Kube, Anna Falck-Ytter

Text und Redaktion: Léon Kruijswijk, Anna-Lisa Scherfose

Wissenschaftliches Volontariat: Lara Scherrieble

Praktikantinnen: Pauline Hagen, Janika Jähnisch, Gina Ruhlandt

 

<p>BPA// Berlin program for artists wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und ermöglicht durch die Unterstützung der LOTTO-Stiftung Berlin</p>

 

BPA// Berlin program for artists wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und ermöglicht durch die Unterstützung der LOTTO-Stiftung Berlin